Der Winter der schwarzen Rosen

Der Winter der schwarzen Rosen von Nina BlazonNina Blazon
cbt: 544 Seiten
Erscheinungstermin: 5. Oktober 2015

Ich hatte es befrüchtet: Nina Blazon schreibt ein Buch und meine Welt steht Kopf. Schon bei ihrem letzten Fantasy-Roman „Der dunkle Kuss der Sterne“ ging es mir so. Ich konnte nicht schlafen, nicht essen. Das Lesen war wie ein schwindelerregender Tanz, von dem man nicht lassen kann. Bis die Musik abbricht und die Realität mit hochgezogenen Augenbrauen und einem kühlen Lächeln in der Tür steht. Auch diesmal tanzten die Seiten – wild und hemmungslos. Nur dass Blazons neues Werk „Der Winter der schwarzen Rosen“ noch länger benommen macht – so magisch ist der Rhythmus, so hypnotisierend, so sinnlich.

Auf meisterhafte Weise erzählt Sie die Geschichte zweier ungleicher Schwestern, deren Schicksal nicht nur durch Blutsbande verbunden ist, sondern auch von Rechtswegen her. Denn in dem rauen Lande ihrer Geburt herrschen die eisernen Gesetze der Lady. Diese bestimmen, dass die Zweitgeborene nur ihre Freiheit erlangt, wenn die Erste ihrer Bestimmung folgt und ihre Heimat verlässt. Doch was ist, wenn das vorbestimmte Ziel ein wilder, gefährlicher Ort ist – ein Ort an dem das Grauen wohnt? Was ist, wenn die sanfte, ruhige Schwester schreckliche Angst davor hat, ihre Sicherheit aufzugeben? Was ist, wenn sie sich immer weiter zurückzieht hinter die schützende Schwelle des väterlichen Hauses mitten im Rankenwald? Dann muss die eine, die nach Macht strebt und einen besonderen Weg gehen will, dafür sorgen, dass die andere ihren steinigen Weg gehen muss. Erst recht, wenn die Zweite in glühender Liebe zum Sohn der Lady entflammt. Und diese Liebe nur leben kann, wenn sie frei ist…

Ich weiß nicht, wie Nina Blazon es schafft, aber sie schafft es, sich von Buch zu Buch zu steigern. Schon immer liebe ich ihre phantastischen Romane. Doch hat sie sich eindeutig weiterentwickelt. Waren ihre früheren Werke wie „Faunblut“ und „Ascheherz“ kindlicher, leichter zu greifen, unschuldiger, mutet der „Der Winter der schwarzen Rosen“ anders an: erwachsen, dunkel, sinnlich und so vielschichtig und (mit Vorgängerwerken) verwoben, dass man eine gehörige Portion Aufmerksamkeit braucht, um den Wegen der Protagonistinnen Tajann und Liljann angemessen folgen zu können.

Hauptmotiv des Romans ist für mich allem voran die Liebe. Noch nie ist mir ein Roman von Nina Blazon untergekommen, der so sehr um die Liebe in allen ihren Facetten kreist, fast so, als hätte sie vorgehabt, einen Reigen auf die Liebe zu schreiben. So liest man von leidenschaftlicher Liebe, enttäuschter Liebe, sinnlicher Liebe, obsessiver Liebe, egoistischer Liebe, Geschwisterliebe, zerbrechlicher Liebe und unverwundbarer Liebe. Man liest von Liebe, für die es sich lohnt zu sterben und ebenso von einer Liebe so gefährlich wie ein scharfes Messer. Man lernt, dass Menschen manchmal sogar diejenigen verraten, die sie am meisten lieben und verfolgt verwundert, wie ein verschlossenes Herz, das denkt, es gebe die Liebe nicht, vor Glück aufblüht. Und nicht zuletzt zeigt sich immer wieder eins: Dass nichts so stark ist wie Hass, der aus Liebe geboren ist.

Aber keine Angst. „Der Winter der schwarzen Rose“ ist kein reiner Liebesroman. Die Protagonisten gehen dunkle, verschlungene Wege und fechten nicht nur im fulminanten Finale gefährliche Kämpfe – und auch auf die Magie ist bei Blazon wie immer Verlass: Der Leser begegnet auf den Seiten übermütigen Feen und traurigen Geistermädchen und muss sich gierigen Gestaltwandlern und mächtigen Seelenverschlingern stellen. Er durchstreift verwunschene Landstriche und geheimnisvolle Rankenwälder und lernt auf glühenden Scheiterhaufen, in atmenden Burgen und schaurigen Kerkern das Fürchten.

Magisch sind nicht zuletzt die unvergleichlichen, kraftvollen Bilder aus der Feder Nina Blazons, die die Phantasie so beflügeln, dass man sich fast körperlich jenseits des Rankenwaldes wähnt. So sind „Höhlen wie aufgerissene Münder mitten im Schrei erstarrt“ und Burgen, „wie ein scharfer Zahn aus dem Berg gewachsen“ nur wenige Beispiele für die Kreativität der Autorin. Die Krönung der Sinnlichkeit war für mich das wie mit feinen Pinselstrichen gezeichnete Bild der in der Dunkelheit silbrig schimmernden Liljann im seidigen Nachthemd inmitten wogender dunkler Hirsche – schaurige Romantik pur!

Kurzum, Nina Blazons Roman „Der Winter der schwarzen Rosen“ ist ein Rausch für die Sinne. Und gerade jetzt, wenn die Tage kürzer werden und langsam der Winter ins Land zieht, ist die perfekte Zeit, sich dieses magische Buch vorzunehmen.

Leseprobe: Nina Blazon – Der Winter der schwarzen Rosen

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Licht und Dunkelheit: Levarda

Levarda_grossKerstin Rachfahl
Format: Kindle Edition
Seitenzahl: 469 Seiten

Wer sucht, der findet, heißt ein verbreitetes geflügeltes Wort. Bei der Suche nach einem guten Buch ist dieser Vorsatz bei mir schon oftmals zu einer wahren Geduldsprobe geworden. Und wenn es sich dann auch noch um ein Fantasy-Buch handeln soll, war ich trotz großer Ausdauer nicht selten kurz davor zerknirscht aufzugeben.

Aber warum ist es so schwer, einen guten High-Fantasy-Roman zu finden? Einen Roman – zum Beispiel nach dem Format von Lynn Ravens „Kuss des Kjer“ – der einfach alles hat, um das (weibliche) Fanatasy-Herz höher schlagen zu lassen. Ganz einfach, weil das Gros der Romantasy-Romane, die auf den Markt geworfen werden, es an Tiefe vermissen lassen und das Schmachten allein nicht ausreicht, um den Anspruch zu erfüllen.

Denn ein Autor muss einiges mitbringen, um die Zeilen so mit Worten zu füllen, dass Welten erstehen – so intensiv und kraftvoll, dass man den Alltag vergisst und sich dem Abenteuer mit Haut und Haar verschreibt. Spannend muss so ein Buch sein, mit neuen Ideen überzeugen und Personen erschaffen, die atmen und so lebendig werden, dass sie sich von den Seiten lösen und im Kopfkino ein Eigenleben entwickeln. Und natürlich muss es knistern, denn nicht auf plumpe Sexszenen kommt es bei solch einem Buch an, sondern um das Davor und Danach, um das Mitfiebern und das sich Mitverlieben.

Lange Rede, kurzer Sinn: Das Suchen hat sich letztendlich bezahlt gemacht: Denn „Licht und Dunkelheit: Levarda“ von Kerstin Rachfahl ist so ein Buch. Ganz unscheinbar kam es am Anfang daher, aber schon nach wenigen Seiten hat es bei mir eingeschlagen wie ein Komet, und die Gewissheit war da, dass die nächsten Tagen nichts anders zählen wird, als diese eine Geschichte.

Kurz hatte ich noch befürchtet, dass Levarda, die Heldin des Buches, mir zu schön, zu stark, zu perfekt, mir kurzum zu sehr „Alleskönnerin“ ist, um wirklich sympathisch zu sein, und das ist für mich Grundvoraussetzung dafür, dass ein Roman zu einem meiner Herzensbücher werden kann. Aber – so wie es den Figuren in Rachfahls Roman ging, so ging es mir dann auch: Im Handumdrehen hat sich Levarada in mein Herz gestohlen. Auch wenn sie kämpfen kann wie ein Krieger, eine begnadete Heilerin ist, sich als „Pferdeflüsterin“ hervortut, die Männer im Sturm erobert und nebenbei noch eins ist mit der Kraft der Elemente – so ist sie nicht überzeichnet, sondern bleibt trotzdem wunderbar sympathisch. (Und immerhin kann sich nicht tanzen:-)

Mit dieser Heldin macht der Leser sich auf, die Welt von Forran zu entdecken und eine Mission zu erfüllen, deren guter Ausgang lange Zeit auf Messers Schneide steht. An Spannung geizt dieser Roman nicht, genauso wenig wie an gut ausgearbeiteten Charakteren und an Tiefe. Und was schließlich noch den Ausschlag für mein Loblied gibt, ist Levardas Gegenspieler Lord Otis. Denn auch beim Zeichnen dieser Figur  hat Kerstin Rachfahl nicht mit Nuancen gespart, und einen absolut liebenswerten „Bösewicht“ aufs Papier gebracht.

Vom Inhalt selbst will ich nicht zu viel verraten, denn meiner Meinung nach ist eine Rezension nicht da, eine Geschichte nachzuerzählen, sondern ein Buch zu bewerten. Und hier kann ich getrost eine Leseempfehlung aussprechen. Seit Monaten hat mich kein Fanatasy-Roman mehr so begeistern können, wie Kerstin Rachfahls „Licht und Dunkelheit: Levarda“.

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Sag nicht, dass du Angst hast

Sag nicht dass du Angst hast von Giuseppe CatozzellaGiuseppe Catozzella
Verlag: Albrecht Knaus Verlag
Erscheinungstag: 18. August 2014
Seitenzahl der Printausgabe: 257

Wie muss es sich angefühlt haben, eine Geschichte aufzuschreiben, Wort für Wort, Zeile für Zeile, die so voller Hoffnung ist? Eine Geschichte, deren trauriges und unveränderliches Ende dennoch von Beginn an feststand.

Wie wird es sich anfühlen, die Geschichte des hoffnungsvollen Mädchens zu lesen? Mit dem Wissen, dass ihre Hoffnung dazu verurteilt ist zu sterben.

Wie muss sich für das hoffnungsvolle Mädchen wohl genau dieser Moment angefühlt haben? Die Sekunde, in der ihr bewusst wurde, dass alles umsonst gewesen ist. Als ihre Hoffnung auf ein besseres Leben schwand. Als sie langsam unterging. Und nichts zurückblieb. Nicht einmal sie selbst.

Die Geschichte „Sag nicht, dass du Angst hast“, von Giuseppe Catozzella führt unweigerlich dazu, dass sich der Leser Fragen stellt. Nicht nur jene, die ich gerade genannt habe. Noch viele weitere. Und das ist nicht verwunderlich.

Aus Sicht vieler Bewohner der „Feste Europas“, jenes sicheren, so verheißungsvollen Fleckchen Erde, sind die Dramen, die sich vor ihren Mauern abspielen, ein großes Fragezeichen. Zwar hören wir  in den Nachrichten von den vielen Glücklosen, die im Mittelmeer ihr Ende finden, kurz vor dem vermeintlich sicheren Hafen. Aber was wissen wir wirklich über diese Menschen? Was wissen wir über den Hintergrund ihrer Flucht? Was wissen wir über die Situation in ihren Heimatländern? Was wissen wir über ihre Ängste, ihr Strapazen, ihre Hoffnungen? Was wissen wir darüber, was sie alles riskiert haben für die Aussicht auf ein besseren Leben? Die Antwort ist kurz: Wenn überhaupt, wissen wir wenig, so gut wie nichts.

Und genau das will Guiseppe Catozzella mit seinem Roman „Sag nicht, dass du Angst hast“ ändern. Das Außerordentliche an dem Buch besteht darin, dass er die Flüchtlingsthematik nicht in einer Dokumentation aufarbeitet, die Fakten an Fakten reiht, sondern als Darstellungsform einen Roman gewählt hat: Einen Roman, erzählt aus der Ich-Perspektive. Damit schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Catozzella gibt den Lesern die Möglichkeit, sich mit der Geschichte zu identifizieren, sie nachzuempfinden. Er durchbricht die sichere Distanz, die Dokumentationen anhaftet und verzichtet auf den „gehobenen Zeigerfinger“, der sich in mach Sozialreportage zu nachdrücklich auf die Leser richtet. Und noch wichtiger: Mithilfe des Romans gibt Catozzella seiner Protagonistin Samia und allen anderen namenlosen Flüchtlingen ein Gesicht und eine Stimme.

In „Sag nicht, dass du Angst hast“ erzählt der italienische Journalist die Lebensgeschichte der jungen Somalierin Samia, die Zeit ihres Lebens gekämpft hat: Nämlich dafür, ihrer Bestimmung zu folgen und zu laufen. Als Samia 2008 bei den Olympischen Spielen angetreten ist, ging ihr Gesicht um die Welt. Denn was hätte sich besser geeignet, um die westlichen Gemüter anzurühren, als das Märchen von der kleinen Läuferin aus dem Krisenland, dünn wir ein Ast, die die Herzen im Sturm eroberte, als sie als letzte ins Ziel gelaufen kam. Samia hatte schon damals keine Chance zu gewinnen. Wie sollte sie auch – ohne professionelles Training, ohne Muskelmasse, ohne vernünftige Ernährung, ohne Perspektive. Und auch später, als es nicht nur um den Sieg bei einem Sportwettbewerb, sondern um ein besseres Leben ging, war sie so gut wie chancenlos. Dennoch wollte sie ihr Schicksal nicht hinnehmen. Die „kleine Kriegerin“ hat den weiten Weg auf sich genommen, um ihren Traum zu verwirklichen: Sie wollte laufen, sie wollte leben, frei von Zwängen, und hat letztlich dafür ihr Leben gegeben.

Eingangs habe ich gefragt, wie es sich wohl anfühlen würde, über sie zu lesen. Über das hoffnungsvolle Mädchen, dessen Träume am Schluss mit ihr selbst untergingen.

Insgesamt, so weiß ich heute, Tage nach Ende der Lektüre, war es seltsam bereichernd. Denn Samias Geschichte hat das geschafft, was die wenigsten vermögen: Sie arbeitet in mir nach, lässt mich nicht los. Ich erzähle viel über dieses Buch, denke immer wieder daran. Bin froh über die neue Perspektive, die ich gewonnen habe: Einen Blick auf das mir so fremde Somalia und dessen Menschen. Einen Blick auf deren Alltag, die ausgelassenen und fröhlichen Stunden, die immer weniger wurden. Einen Blick auf das so tapfere, Mädchen, das wahrlich den Beinamen „kleine Kriegerin“ verdient. Natürlich war die Lektüre auch traurig und aufwühlend. Vor allem das letzte Drittel des Romans, die monatelange Flucht, von einem Ort zum nächsten. Das ständige Warten. Die Enge. Die Verzweiflung. Das Schwinden der Hoffnung. Der Teil, in dem Samia sich nicht mehr als Mensch fühlte. In dem sie ihre Würde, ihre Rechte verlor, der Willkür der Schlepper völlig ausgeliefert war. Doch es war wichtig, auch diesen dunklen Teil gelesen zu haben, der dem Autor eine schriftstellerische Höchstleistung abverlangte. Denn er gibt Einblick in eine Realität, vor der wir die Augen nicht verschließen sollten.

Ich bin froh, dass Guiseppe Catozzella sich dafür entschieden hat die Geschichte von Samia Yusuf Omar zu recherchieren, auch wenn die Arbeit an diesem Roman sicherlich nicht einfach war. Sie hat sich mehr als gelohnt. Schon 2008 bei den Olympischen Spielen konnte das dünne, somalische Mädchen, das kein Mitleid wollte, die Menschen vor ihren Fernsehgeräten bezaubern. Und das tut sie wieder – in diesem Buch. Ihr kurzer Ausflug ins Blitzlichtgewitter konnte ihr Schicksal nicht ändern. Aber zumindest lenkt es – hier festgehalten – die Aufmerksamkeit auf jene Namenlosen, die noch immer Tag für Tag vor Europa stranden.

 

 

 

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Der Kuss des Wandlers

Der Kuss des WandlersLena Klassen
Format: Kindle Edition
Seitenzahl: 412 Seiten

Herzensprojekt – so hat Lena Klassen ihre neue Reihe „Die Wandler“ auf ihrem Blog bezeichnet – und damit meine Neugier geweckt. Wie könnte man auch nicht hellhörig werden, wenn eine durchaus produktive Schriftstellerin davon spricht, dass ihr ein Werk besonders am Herzen liegt.

Was macht es aus, dieses Herzensprojekt, habe ich mich gefragt und nicht lange gefackelt. Gespannt und mit nicht geringer Erwartung habe ich mich auf einen Streifzug durch „Der Kuss des Wandlers“ gemacht, den Auftaktroman der neuen vierbändigen Wandlerreihe.  Meine volle Aufmerksamkeit war dem Buch  gewiss. Denn ich wollte ihn spüren, den Puls der Geschichte.

Bevor ich zu den Einzelheiten meiner Spurensuche komme, sei eines vorweggenommen:“Der Kuss des Wandlers“ ist ein Wohlfühlbuch. Wohlfühlbuch deshalb, weil Lena Klassen auf genau die richtigen Zutaten gesetzt hat: Magie, Romantik und Spannung sind es, die zu gleichen Teilen den Roman ausmachen und wohldosiert genau an den richtigen Stellen ihre Wirkung entfalten.

Müsste man den Roman jedoch inhaltlich auf den Punkt bringen, dann kommt man nicht um den Begriff „Verwandlung“ herum. Denn allem voran ist die Geschichte um die junge Geigerin Kiara, die sich in ihren Erzfeid verliebt, die Geschichte einer Wandlung. Wandlung nicht nur deshalb, weil Kiara Kraft ihrer Geburt das Potenzial hat, in eine andere Gestalt zu schlüpfen – wie der Leser schon nach wenigen Seiten erfährt. Sondern weil sie sich im Laufe des Romans von der ewig durchschnittlichen grauen Maus „sprichwörtlich“ in einen Schmetterling verwandelt.

Doch dieser Weg ist steinig. Kiara wird zum Spielball in einem erbitterten Kampf, bei dem es um Leben um Tod geht und die Grenzen verwischen. Wer ist Freund? Wer ist Feind? Wem kann sie trauen? Und welche Augen sind es, die von Liebe erzählen? Ist es das strahlende lichte Blau, für das Kiaras Herz schlägt? Oder doch das nachtschwarze Dunkel, in dem sie sich zu verlieren scheint? Auf der Suche nach dem König des Feindesclans findet die 16-jährige nicht nur Abgründe und Hass, Zweifel und Gewissheit, sondern auch sich selbst.

Soviel zum Inhalt, von dem ich nicht mehr verraten werde. Doch wo pocht er nun, der Puls der Geschichte. Was macht die Kraft des Romans aus?

Ist es die eigentümliche Magie, die im Akt der Verwandlung selbst liegt? Denn was könnte schöner sein, als Kiara und all die anderen jungen Wandler dabei zu beobachten, wie sich die Grenzen ihrer Körpers auflösen, aufgehen in einem Sein, das jeher in ihnen geschlummert hat. Zuzuhören, wie sie einem stillen Ruf folgen, wie sie lernen, dem Takt ihres Herzens zu lauschen? Zuzusehen, wie Kinderträume wahr werden und Kiara abhebt und die Lüfte erobert?

Oder ist es das Grauen, das immer wieder wie Spinnenbeine über die nackte Haut huscht, wenn offenbar wird, welch menschliche Abgründe sich auftun können – in Freunden, in Vertrauten, in ganz gewöhnlichen Jugendlichen. Wenn deutlich wird, dass Moral und Unrechtsbewusstsein mit einem Fingerschnippen ihre Bedeutung verlieren, wenn der Wille zur Macht sich wie eine Krankheit ausbreitet und mehr wiegt, als ein Menschenleben. Wenn ein reiner Verdacht reicht, um aus dem Fenster geworfen zu werden …

Vielleicht ist es weder Magie noch Grauen, sondern die wunderbare Kulisse, vor der sich Kiaras Geschichte abspielt. Vielleicht ist es das faszinierende Prag, das Lena Klassen vor den Augen der Leser auferstehen lässt. Das Pulsieren der Metropole im Osten Europas. Denn wie bei den glühenden Streifzüge durch Budapest in Klassens Roman „Magyria“, hört man auch in Prag an jeder Ecke das Wispern der Geschichte, das Echo der Jahrhunderte, das Flüstern einer jungen Liebe …

Ob andere sich bei der Lektüre von „Der Kuss des Wandlers“ genauso wohl fühlen wie ich, ist nicht gewiss und lässt sich nicht abschließend beantworten. Genauso wie jeder den Puls einer Geschichte an einer anderen Stelle fühlt.

Für mich hat er zu schlagen begonnen, als ich Kafka in der Geschichte gespürt habe, einen Autor, der mich seit jeher fasziniert. Und als mir klar wurde, dass in der Selbstaufgabe und Selbstentfremdung Gregor Samsas der Schlüssel des Romans liegt. Die Frage ist nur, was hier zuerst da war. Die Idee, auf Kafkas Werk „Die Verwandlung“ einen Fantasie-Roman aufzubauen.  Oder die Idee von den Wandlern selbst.

Kafka hat es Zeit seines Lebens nicht geschafft aus seiner Haut zu schlüpfen und sich zu befreien. Genauso wie sein verwandelter Protagonist Gregor Samsa. Hier verlässt Klassen den vorgezeichneten Weg. Sie lässt ihren Protagonisten nicht untergehen. Gottseidank.

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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne von Nina BlazonNina Blazon
Format: Kindle Edition
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 529 Seiten
Verlag: cbt
Erscheinungsdatum: 24. Februar 2014

Bücher sind wie Erinnerungen. Unzählige sammelt man über die Jahre hinweg – doch die meisten sind schnell vergessen. Das Gros der Geschichten, die ich gelesen habe, sind so flüchtig wie ein kühler Regenschauer an einem warmen Sommertag. Sie perlen an einem ab, dringen nicht tief. In Minutenschnelle verdampfen sie in ihrer Bedeutungslosigkeit, verhallen ohne ein Echo zu hinterlassen; sind stumm trotz Abertausend Worte.

Doch manchmal greifen die Buchstaben schon nach wenigen Zeilen nach Dir, sie summen eine verheißungsvolle Melodie, flüstern von Abenteuer und Liebe, locken dich, verzaubern dich, bis du alles um dich vergisst und mit Haut und Haar eintauchst in ihre Geschichte. Der dunkle Kuss der Sterne von Nina Blazon ist so ein außerordentliches Buch. Es hat mich mit Flüsterstimme verführt und so fest umarmt, dass mich sogar noch die Erinnerung im Geiste wärmt.

Nina Blazon erschafft in „Der dunkle Kuss der Sterne“ ein Märchen mit einer starken Botschaft.  Sie erzählt die Geschichte von Canda Moreno, eines Mädchens, das in einer schicksalshaften Nacht von der Auserkorenen zur Verlorenen wird: Irgendetwas hatte den Glanz von ihrer Haut genommen, den Klang aus ihrer Stimme und Canda damit ihrer höchsten Gabe beraubt, ihrer Schönheit. Doch damit nicht genug. Canda verliert nicht nur ihren Glanz, sondern auch ihren Versprochenen. Ohne ihn kann sie niemals werden, wozu sie geboren wurde: „Eine Zweiheit zu sein, eine Seele, ein Körper, mit aller Macht, die daraus entsprang.

Und damit ist ihr Schicksal besiegelt. Canda ist nutzlos für ihre Familie, für die Höchsten der Gesellschaft.  Als Unvollständige, Gewöhnliche, unterscheidet sie sich kaum von den Niederen: Sie ist wertlos, unansehnlich, von ihrem Liebsten verlassen – nur noch gut genug für ein Leben im Haus der Gestrandeten Einzelnen.

Doch ein letzter Ausweg bleibt ihr. Sie soll ihren flüchtigen Liebsten zurück bringen, an der Seite des Sklaven Amads. Doch dafür muss sie sich in die Tod bringende Wüste wagen, die die Haut von der Seele schält und jedes Geheimnis frei legt. Sie muss gegen Windbräute und Eisenhaie kämpfen, gegen singende Tote, die den Erinnerungen folgen wie verhungerte Hunde, gegen Mischwesen und vor allem gegen ihre Vergangenheit.

Nina Blazon zwingt ihre Protagonistin aus den Augen einer „Gewöhnlichen“ zu sehen, ihre Perspektive zu wechseln, sich selbst neu zu erfinden. Canda muss lernen, in ihrer zweidimensionalen Welt, in der es nur oben und unten, Hop oder Top, Herren und Sklaven, Schönheit und Hässlichkeit gibt, die Zwischentöne zu hören:  die Augen zu öffnen für sich, den Rest der Welt und für Amad.

Doch das ist gar nicht so einfach. Der wortkarge, dunkle Jäger ist undurchschaubar und abweisend. Er kämpft zwar an ihrer Seite – aber nicht freiwillig. Der Schutz Candas ist nur ein Auftrag. Doch wen will er in Wahrheit schützen? Für wen lässt sich Amad versklaven?

Und wie lässt es sich erklären, dass die Funken  fliegen bei der Berührung seiner Haut? Wie lässt es sich erklären, dass ein spinnwebfeines Band zwischen ihnen entsteht, trotz Amads Beteuerungen, dass ein Herz nur bei der Jagd stört? Und wie lässt sich vor allem eins erklären: Dass sie ihm vielleicht sogar zulächeln würde, wäre sie eine Niedere. Und er vielleicht ihr Lächeln erwidern würde…

 In „der dunkle Kuss der Sterne“ beweist Nina Blazon eins: Dass sie der Kunst mächtig ist, Märchen zu erschaffen – und das auf höchsten Niveau. Ihrer Worte fesseln von Beginn an, ihre Figuren schlüpfen aus den Buchseiten und nehmen den Leser an der Hand. Ihre Sprache ist bildhaft, aber nicht übertrieben, ihre Geschichte kann immer wieder überraschen und ist spannend bis zum Schluss. Nina Blazon webt aus Buchstaben einen kostbaren Stoff und schneidert ein Gewand, das sitzt, vom Kragen bis zum Saum. Ihr Märchen wird noch lange in mir leuchten, als es wäre es eins meiner Lichter…

Leseprobe: Der dunkle Kuss der Sterne von Nina Blazon

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And the winner is….

FireShot Screen Capture #002 - 'scriba I Blog für Leser und Schreiber' - www_scriba-ich-schreibe_deWie versprochen geben wir heute den glücklichen Gewinner unserer Buchverlosung zum Welttag des Buches bekannt. Bevor der Trommelwirbel lauter wird, bitte ich noch um eine Sekunde Geduld. Mir ist es ein Bedürfnis Folgendes los zu werden:

Gewinner seid ihr alle – weil ihr lest und euch von Poesie beflügeln lasst. Euere vielen Buchtipps haben mein Herz höher schlagen lassen – so viele Titel, so viel Herzblut, so viele Buchstaben, die ihr aufgesogen habt und deren Erkundung uns noch bevorsteht.

Ich danke euch vielmals für eure Zeilen – vielleicht findet der ein oder andere hier nun auch ein neues Herzensbuch. Coco Lavie – Spiegelblut ist so eins, das kann ich euch versprechen.

Und noch eins will ich euch verraten: Wie der Zufall so will, habe ich in dieser Woche ein Buch gefunden, das nach monatelangem Darben mein Buchunglück beendet hat. Beim Lesen sind die Funken geflogen und die aufgeregten Schmetterlingsflügel kribbeln noch immer in meinem Bauch. Ich werde in Kürze eine Rezension verfassen, um mein Buchglück mit jeder Zeile laut herauszuschreien und es mit euch zu teilen.

So, nun darf der Trommelwirbel endlich anschwellen:

Die scriba-Gewinnerin zum Welttag des Buches ist: Celle Bookcrate

Herzlichen Glückwünsch!

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Blogger schenken Lesefreude: Unsere Buchverlosung

Blogger_Lesefreude_2014_LogoEs ist wieder soweit:
Der Tag der Tage für alle Bibilophilen, Buchsüchtigen und Literaturnarren zieht ins Lande: Der Tag, der einer der großartigsten Errungenschaften der Menscheit gewidmet ist – der Welttag des Buches!

Wie im vergangenen Jahr ist es uns eine Ehre am 23. April an der Aktion der Buchblogger teilzunehmen. Denn Ende April zählt nur eins: euch buchglücklich zu machen.

Buchglücklich sind wir schon seit jeher. Seit wir denken können, atmen wir Geschichten, sind buchtrunken und geschichtenverliebt, romanhungrig und wortsüchtig- und können uns ein Leben an der Seite unserer Helden nicht mehr vorstellen.

Coco Lavie – Spiegelblut von Uta Maier

spiegelblutDoch wie überall im Leben gilt es auch bei Büchern die Spreu vom Weizen zu trennen. Selbstverständlich verlosen wir hier bei scriba ein wahren Kleinod unter der Abertausend Schmökern dieser Welt: Coco -Lavie – Spiegelblut von Uta Maier gehört zu den wenigen seiner Art, die uns im letzten Jahr vollends überzeugen konnten und wir warten immer noch sehnlichst auf die Fortsetzung, die in Kürze erscheinen soll.

Wenn ihr eine Affinität habt für fantastische Abenteuer und euch auf eine sinnesberauschende Reise begeben wollt, dann wird euch Uta Maier verführen. Denn in Coco Lavie lernt ihr nicht nur den Gesang von Farben und den Geschmack von Zorn und Kummer kennen – sondern auch den Duft von Liebe! In unserer Rezension zu Coco-Lavie – Spiegelblut könnt ihr euch ein erstes Bild machen. Oder ihr lest einfach unser Interview mit der außergewöhnlichen Autorin Uta Maier.

Uns so funktioniert unsere Verlosung:
Zwischen dem 23. und 30. April könnt ihr an unserer Buchverlosung teilnehmen, indem ihr diesen Blogbeitrag kommentiert und folgendes mit uns teilt: Euer Lieblingsbuch – das Buch, das euch buchglücklich gemacht hat. Diese Aufgabe ist nicht ganz uneigennützig: Denn wir sind seit Monaten buchunglücklich und auf verzweifelter Suche nach einem literarische  Kleinod. Mit eurer Teilnahme tut ihr also auch was Gutes – denn womöglich heben wir unter euren Kommentaren den lang ersehnten Bücherschatz.

Am 1. Mai werde ich dann hier bekanntgeben, wem das Buchglück gewunken hat! Selbstverständlich wird der Gewinner zuvor per Mail benachrichtigt.

Bis dahin halten wir es wie gewohnt wie Maxim Gorki: „Je mehr ich las, umso näher brachten die Bücher mir die Welt, um so heller und bedeutsamer wurde für mich das Leben.“

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Buch-Glück: literarisches Kleinod verzweifelt gesucht

Ich fühle mich ausgehungert, matt, ja man könnte sagen lethargisch. Tag für Tag  – seit ganzen zwei Monaten bereits! – friste ich ein Leben ohne jegliche Infektion: Kein Buch, kein Roman – ja, nicht mal wenige Zeilen und Wörter vermögen es mich zu infizieren und zu packen, mich aus dem Alltag zu reißen und zu berühren, meine Euphorie für das geschriebene Wort anzustacheln. Das ist bedauerlich für mich als Leser. Genauso bedauerlich ist es jedoch für mich als Rezensentin. Denn – wie aufmerksame Besucher dieses Blogs vernehmen können – bespreche ich nur jene Bücher, die sich in dem undurchdringlichen Dickicht der Veröffentlichungen als Leuchtfeuer entpuppen und deren Lektüre ich geneigten Lesern besten Gewissens empfehlen kann.

Wanted: Jene einzigarigen Bilder, die noch lange im Kopf funkeln
Seit mehr als 8 Wochen blieb mir nun jenes wispernde Versprechen verwehrt, dass sich gewöhnlich nach den ersten Zeilen eines guten Romans ankündigt und wenig später zur Gewissheit wird: Das Versprechen, ein Perle gefunden zu haben, deren Stoff es schafft, mich in Hochgefühl zu versetzten und mir diese einzigartigen Bilder schenkt, die noch lange später in meinen Kopf funkeln – die Nahrung für jeden Bibliophilen.

Ja, ich zähle zu dieser Art: Seit jeher bin ich buchtrunken und geschichtenverliebt, romanhungrig und wortsüchtig, kaufe Bücher, streichle Bücher, verschlinge Bücher und musste mir eines eingestehen: Ich weise Anzeichen einer Sucht auf: der Bibliomanie.

Auf der Jagd nach Wortakrobaten und Buch-Gold
Allerdings bin ich nicht büchersüchtig im herkömmlichen Sinn: Mir geht es nicht darum Bücher einfach nur des Buches willen anzuhäufen, mir geht es nicht darum, einen Schatz anzusammeln. Ich bin dagegen gleichermaßen auf der Jagd nach unvergesslichen Geschichten sowie nach Wortakrobaten, deren Sprachgewalt und Erzählkunst verzaubert.

Diese Geschichten müssen nicht hochtrabend oder weltberühmt sein – nein. Der Autor muss nicht die Ambitionen haben, ein neuer Goethe zu werden. Im Gegenteil. Ich liebe Bücher, in denen sich die Urheber der Phantasie und ihren Protagonisten zuliebe nicht in den Vordergrund drängen, in denen sie zwar präsent, aber nicht dominierend sind. Ich liebe Fantasy-Geschichten, Jugendbücher, Historienromane, Geschichten, die berühren oder einfach nur Kraft ihrer Worte den Alltag in bunten Farben erstrahlen zu lassen.

Wo bleibt die Qualität auf dem deutschen E-Book-Markt?
Aber wo seid ihr????? Wo sind die Bücher, die es sich lohnt, zu lesen, über die es sich lohnt, zu schreiben. Wo sind Bücher mit Tiefe, mit einer besonderen Portion Humor, jene Bücher, die mein Fantasy-Herz höher schlagen lassen oder die von Liebe erzählen – aber nicht auf diese plumpe, triviale Art.  Denn seit geraumer Zeit beobachte ich eins: Es häufen sich solche Exemplare, in denen Interpunktions- und Orthografiefehler wie lästige Fliegen über sie Seiten staksen. Die Kindle-Bestseller muten an, als seien sie binnen vier Wochen auf Papier gebracht bzw. in den Computer gehackt worden. Aber nicht nur das: In den TOP-100 tummeln sich so viele selbst-publizierte  erotische Liebesromane , dass man den Verdacht hegt, in Deutschland bestehe eine überproportional große Nachfrage nach Büchern, die rein aus einer Aneinanderreihung von detailgetreu beschriebenen Liebesakten bestehen. Da bleibt oft nur noch das Jugendbuch, um dieser „Sex-Tümelei“ zu  entfliehen.  Um anderen Self-Publishern, deren Bücher sich als wahre Kleinode entpuppen, nicht den Garaus zu machen, ist es wichtig, dass eine gewisse Qualität gesichert bleibt auf dem deutschen E-Book-Markt.

Die Hoffnung auf Buch-Glück stirbt zuletzt
So dass Leser und Rezensentin wie ich nicht verzweifeln bei ihrer Suche nach einem guten Buch! Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Irgendwo sind die Wörter bereits geschrieben, die es schaffen, mich „buch-glücklich“ zu machen. Und irgendwann werde ich in einer Rezension wieder von diesem Glück berichten und es mit geneigten Lesern teilen können.

 

 

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Homunkulus von Horus W. Odenthal

Homunkulus-Horus-rein_webHorus W. Odenthal, der Autor der Fantasyreihe „Ninragon“ ist kein Unbekannter bei scriba. 2013 haben wir uns an seiner Blog-Tour beteiligt und den Schriftsteller im Interview gelöchert, wie man eigentlich einen Fantasy-Roman schreibt. Er hat nun ein neues Buch veröffentlicht, „Homunkulus“, und veranstaltet im Zuge dessen eine Sonderpreisaktion für das gleichnamige eBook. Horus W. Odentahl hat uns gebeten, darüber zu berichten. Das machen wir doch gerne:

„Homunkulus2 von Horus W. Odenthal ist jetzt, als erster seiner Romane, nicht nur als eBook, sondern auch als Print-Buch erhältlich. Nach und nach sollen auch die anderen Romane aus der NINRAGON-Reihe gedruckt erscheinen. Das geschieht auch auf vielfachen Wunsch von Lesern, die (noch) nicht so gerne eBooks lesen bzw. keinen Reader besitzen.

Aus diesem Anlass gibt es eine Sonderpreisaktion zu diesem Roman. Das eBook von „Homunkulus“ ist für kurze Zeit – vom 7. – 13. Februar 2014 – für 0,99 € statt 3,99 € erhältlich.

Link zum eBook
Link zur Printversion

Fantasy trifft Thriller in diesem Einzelband aus der NINRAGON-Reihe, der fünf Jahre nach dem Ende der NINRAGON-Trilogie spielt. Er bietet einen idealen Anfang für Neueinsteiger. „Ninragon“ von Horus W. Odenthal wurde zweifach für den Deutschen Phantastik Preis 2013 nomminert, in den Sparten „Bestes deutschsprachiges Romandebüt“ und „Beste Serie“.

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Seelenkuss

Seelenkuss von Lynn RavenLynn Raven
Kindle Edition
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 577 Seiten
Erscheinungstermin: 6. Dezember 2013
ISBN: 978-3-570-16295-8
Verlag: cbt

Atemlos bin ich angekommen am Ende dieses Buches, muss mich zwingen durchzuatmen, mich zu beruhigen und zu entspannen nach diesem rasenden Ritt durch die nebelverhangenen, dunklen und gleichzeitig so leuchtenden und lebendigen Welten, die Lynn Raven mit Buchstaben geschaffen hat.

Ich bin mit großen Erwartungen an diesen Roman herangegangen, hatte ihn vorbestellt und habe noch am gleichen Abend, nachdem er auf meinen Kindle übertragen war, angefangen zu lesen. Schon allzu lange habe ich auf einen neuen High-Fantasy-Roman aus der Feder Lynn Ravens gewartet, waren für mich ihre Urban-Fantasy Romane wie „Hexenfluch“ eher ein unbefriedigendes Zwischenspiel. Und nun, nach nur wenigen glühenden Lesestunden, in denen ich die Seiten regelrecht verschlungen habe, weiß ich eins – dies ist endlich wieder ein Stoff, mit dem Lynn Raven dem gerecht wird, was sie vor Jahren in „Der Kuss des Kjer“ geschaffen hat, dies ist High-Fantasy vom Feinsten.

Dennoch kann man „Der Kuss des Kjer“ und „Seelenkuss“ nicht wirklich vergleichen. Ersterer war in meinen Augen vor allem eine abenteuerliche Fantasy-Liebesgeschichte, das ist ist Lynn Ravens Neuerscheinung nicht.

In „Seelenkuss“ hat die Autorin eine unvergleichliche, komplexe und bis ins letzte Detail ausgearbeitet Fantasy-Welt erschaffen, die mich immer wieder an den Kosmos von „Herr der Ringe“ denken ließ. Hier unternimmt der Leser nicht nur einen lockere, vergnügliche Tagesreise, in die man sich ganz nach Belieben wieder ein- und ausklinken kann – nein. Dieser Roman verlangt einem die volle Aufmerksamkeit ab, belohnt dafür mit einem absolut ausgefeilten Fantasy-Universum: Da sind nicht nur die verschiedensten Völker, die detailverliebt beschrieben werden – die Jarhaal, die Korun, die Reiter-Krieger der Isarden, um nur einige wenige zu nennen – da sind Zauberer, Hexen, Seelenklingen, Nekromanten, stürmische Meere, tränende Wälder, zerklüftete Riffe, geschäftige Städte. Die Autorin hat ihren Roman mit einer Kreation an Tieren und Pflanzen belebt – die Cay Adesh mit ihrem Federschweif, die Sonnenfische, die Sisraweiden und Cinjantannen und und und, und hat mit ihren Neologismen, Legenden und Mythen ein ganz eigenes Leben geschaffen.

Vor allem aber sind da die Protagonisten, der namenlose Jarhaal, mit den Edelsteintätowierungen und den silbernen Dämonenaugen, und Darejan, die Königstochter der Korun, die sich auf einen Gewaltmarsch begeben, auf eine Flucht vor dem Bösen, den Legionen der Seelenlosen, auf der der Leser das Grauen kennenlernt. Ich höre noch immer die Stimmen der Verfolger, das Kläffen der Hunde, das Rascheln des Schilfgrases. Spüre die Dornenfesseln an meinen Händen, die ewig klammen und nassen Füße und vor allem immer wieder die Furcht, „die auf unzähligen dünnen Beinen durch die Adern stakst“. Darejan und der „Verrückte“, so nennt sie ihren Begleiter, der an seinem Gedächtnisverlust zu verzweifeln droht, kämpfen Seite um Seite gegen einen mächtigen Zauberer und das pure Grauen, gegen Söldner und gegen das Vergessen, gegen Feinde im Diesseits und Gefahren im Jenseits und vor allem auch gegeneinander.

Denn Zweifel, Misstrauen und Hass gegenüber Darejan, gar der Verdacht des Mordes ist es, der die wenigen Erinnerungssplitter des gefolterten und tief verzweifelten Jarhaal beherrschen. Können sie es trotzdem gemeinsam schaffen, dem Schmerz und dem Horror zu trotzen und zusammen den Untergang ihrer Welt verhindern?

Aber wo ist die Liebe geblieben in dieser Rezension? – Das könnte man sich an dieser Stelle zurecht fragen. Nun, die Liebe ist in Lynn Ravens „Seelenkuss“ wie Darejans Magie, also „wie ein schwaches Glitzern in der Tiefe des Brunnens“. Manchmal taucht sie kurz auf unter der Decke der Kälte, der Verzweiflung, des Schluchzens und des Schmerzes. Doch sie ist schwach und gewinnt nur langsam an Kraft. Und meiner Meinung nach bleibt sie auch am Ende ein Kompromiss. Dennoch – auch wenn sie kraftlos und flackernd ist und nur selten aufscheint, hält man über Kapitel hinweg an ihr fest – ist doch der kleinste Funke Gefühl im ewigen Dunkel wie ein Leuchtfeuer.

Dies sollte diejenigen, die sich nach mehr Romantik sehen, aber nicht davon abhalten, die atemberaubend spannende Geschichte um Darejan und den Jahaal zu lesen. Für Liebhaber der High-Fantasy ist sie ein Muss.

Leseprobe – Lynn Raven: Seelenkuss
Scriba-Tipp: Der ctb-Verlag bietet ein Personen-, Ort- und Begriffsverzeichnis für Seelenkuss an

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