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Licht und Dunkelheit: Levarda

Levarda_grossKerstin Rachfahl
Format: Kindle Edition
Seitenzahl: 469 Seiten

Wer sucht, der findet, heißt ein verbreitetes geflügeltes Wort. Bei der Suche nach einem guten Buch ist dieser Vorsatz bei mir schon oftmals zu einer wahren Geduldsprobe geworden. Und wenn es sich dann auch noch um ein Fantasy-Buch handeln soll, war ich trotz großer Ausdauer nicht selten kurz davor zerknirscht aufzugeben.

Aber warum ist es so schwer, einen guten High-Fantasy-Roman zu finden? Einen Roman – zum Beispiel nach dem Format von Lynn Ravens „Kuss des Kjer“ – der einfach alles hat, um das (weibliche) Fanatasy-Herz höher schlagen zu lassen. Ganz einfach, weil das Gros der Romantasy-Romane, die auf den Markt geworfen werden, es an Tiefe vermissen lassen und das Schmachten allein nicht ausreicht, um den Anspruch zu erfüllen.

Denn ein Autor muss einiges mitbringen, um die Zeilen so mit Worten zu füllen, dass Welten erstehen – so intensiv und kraftvoll, dass man den Alltag vergisst und sich dem Abenteuer mit Haut und Haar verschreibt. Spannend muss so ein Buch sein, mit neuen Ideen überzeugen und Personen erschaffen, die atmen und so lebendig werden, dass sie sich von den Seiten lösen und im Kopfkino ein Eigenleben entwickeln. Und natürlich muss es knistern, denn nicht auf plumpe Sexszenen kommt es bei solch einem Buch an, sondern um das Davor und Danach, um das Mitfiebern und das sich Mitverlieben.

Lange Rede, kurzer Sinn: Das Suchen hat sich letztendlich bezahlt gemacht: Denn „Licht und Dunkelheit: Levarda“ von Kerstin Rachfahl ist so ein Buch. Ganz unscheinbar kam es am Anfang daher, aber schon nach wenigen Seiten hat es bei mir eingeschlagen wie ein Komet, und die Gewissheit war da, dass die nächsten Tagen nichts anders zählen wird, als diese eine Geschichte.

Kurz hatte ich noch befürchtet, dass Levarda, die Heldin des Buches, mir zu schön, zu stark, zu perfekt, mir kurzum zu sehr „Alleskönnerin“ ist, um wirklich sympathisch zu sein, und das ist für mich Grundvoraussetzung dafür, dass ein Roman zu einem meiner Herzensbücher werden kann. Aber – so wie es den Figuren in Rachfahls Roman ging, so ging es mir dann auch: Im Handumdrehen hat sich Levarada in mein Herz gestohlen. Auch wenn sie kämpfen kann wie ein Krieger, eine begnadete Heilerin ist, sich als „Pferdeflüsterin“ hervortut, die Männer im Sturm erobert und nebenbei noch eins ist mit der Kraft der Elemente – so ist sie nicht überzeichnet, sondern bleibt trotzdem wunderbar sympathisch. (Und immerhin kann sich nicht tanzen:-)

Mit dieser Heldin macht der Leser sich auf, die Welt von Forran zu entdecken und eine Mission zu erfüllen, deren guter Ausgang lange Zeit auf Messers Schneide steht. An Spannung geizt dieser Roman nicht, genauso wenig wie an gut ausgearbeiteten Charakteren und an Tiefe. Und was schließlich noch den Ausschlag für mein Loblied gibt, ist Levardas Gegenspieler Lord Otis. Denn auch beim Zeichnen dieser Figur  hat Kerstin Rachfahl nicht mit Nuancen gespart, und einen absolut liebenswerten „Bösewicht“ aufs Papier gebracht.

Vom Inhalt selbst will ich nicht zu viel verraten, denn meiner Meinung nach ist eine Rezension nicht da, eine Geschichte nachzuerzählen, sondern ein Buch zu bewerten. Und hier kann ich getrost eine Leseempfehlung aussprechen. Seit Monaten hat mich kein Fanatasy-Roman mehr so begeistern können, wie Kerstin Rachfahls „Licht und Dunkelheit: Levarda“.

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Horus W. Odenthal: Blogtour zur Fantasy-Trilogie Ninragon

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Horus W. Odenthal

Wie schreibt mein eigentlich einen Fantasy-Roman? Keine Eintagsfliege, sondern einen richtig guten – Einen, der es vermag, Fantasy-Leser in ungeahnte Welten zu entführen, der magische Bilder heraufbeschwören kann, der einen verzaubert und fesselt und der den Leser ungeduldig warten lässt auf eine Fortsetzung? Ich weiß es nicht. Leider. Dafür Horus W. Odenthal. Der Indie-Schriftsteller und erfolgreiche Comic-Zeichner ist mit seinem dreiteiligen Epos Ninragon für den „Deutschen Phantastik Preis 2013“ nominiert, und das gleich in zwei Kategorien: als  „Bestes deutschsprachiges Romandebüt“ und als „Beste Serie“. scriba gratuliert ganz herzlich zu diesem Erfolg, der gerade für einen verlagsfreien Autor nicht selbstverständlich ist und beteiligt sich anläßlich der Nominierung an einer Ninragon-Blogtour. Wir haben uns mit Horus W. Odenthal darüber unterhalten, wie man eigentlich einen Fantasy-Roman schreibt.

Interview: Über das Schreiben

Scriba: Bevor wir mehr darüber erfahren, wie Du Deine Ninragon-Saga schreibst, möchten wir eine Frage vorwegnehmen: Wie bist du überhaupt zum Schreiben gekommen? Gehörst Du zu denjenigen, die schon von Kindesbeinen an Geschichten erfunden haben oder hast Du das Schreiben später für Dich entdeckt?

Horus: Ich habe mir schon immer Geschichten ausgedacht, aber ich glaube, das tut jedes Kind. Geschichten über die Ritter- und Indianerfiguren, die man hat, Geschichten um die Rennen, welche die Spielzeugautos fahren. Und es ist auch ganz normal für jemanden, den das dann später professionell packt, ziemlich bald, nachdem man ausreichend schreiben kann, auch damit anzufangen, diese Geschichten aufzuzeichnen bzw. den Büchern, die man liest etwas eigenes gegenüberzustellen. Bei mir fing das, kennzeichnend für meinen späteren Weg, zweigleisig an. Das heißt, ich zeichnete Illustrationen zu den Büchern, die ich las und ich fing auch bald an selber Geschichten zu schreiben (die ich dann auch illustrierte). Wie bei den meisten Anfängern in diesem Alter, waren diese Geschichten ziemlich unfertig und entsprangen neben dem Bedürfnis, etwas eigenes zu produzieren auch dem Bedürfnis mehr (und intensiver) von dem zu haben, was man selber gerne liest. Dieser Antrieb ist, wenn ich es mir recht überlege, bis heute erhalten geblieben.
Merkwürdigerweise hieß die erste Geschichte, die ich schrieb „Auric der Schwarze“ und zwei der Hauptcharaktere sind, zumindest mit ihrem Namen und auch rudimentär von der Anlage, in „Ninragon“ eingegangen. Mein Berufswunsch war immer Schriftsteller, doch dann, relativ spät eigentlich, habe ich intensiver die Comics für mich entdeckt. Das war in den Jahren vor dem Abi; damals kamen gerade die sogenannten Erwachsenencomics nach Deutschland, u. a. mit Schwermetall usw. Dadurch bin ich dann dazu gekommen, dass ich meine Geschichten selber als Comics erzählen wollte. Ich habe das dann erstmal gelernt und danach viele, viele Jahre praktiziert. Die Sachen wurden in den USA und Europa veröffentlicht. Das ging so lange gut, bis ich in diesem Medium an gewisse Grenzen gestoßen bin. Aber darüber habe ich an anderer Stelle, auch auf dieser Blogtour, schon einiges erzählt. Und damit tauchte dann mein alter Berufswunsch dunkel gärend aus dem Untergrund wieder auf. Heute bin ich wieder da, wo ich eigentlich angefangen habe und wo ich schon immer hin wollte. Merkwürdigerweise oder auch nicht.

scriba: Für dein dreiteiliges Ninragon-Epos hast Du eine komplexe phantastische Welt erschaffen. Welcher Entstehungsprozess geht dem Schreiben voraus? Wie lange hast Du geplottet, bis Du überhaupt den ersten Satz getextet hast?

Horus: Ich habe überhaupt nicht geplottet. Die erste Manuskriptseite von Ninragon war als Allererstes da. Von ihr ging alles andere aus. Ich habe mir vor dieser ersten Seite überhaupt keine Gedanken zu der Welt gemacht. Jedenfalls nicht konkret auf dieses Projekt bezogen. Ich habe mir viele Gedanken über das Genre Fantasy im Allgemeinen gemacht. Was ich daran mochte, was nicht. Mit dem Stand des Genres war ich für mich unzufrieden. Cover Ninragon 1Ich fand, da müsste dringend etwas passieren, damit es für mich interessant werden konnte. Die konkreten Details der Welt haben sich während des Schreibens entwickelt, am Schreibprozess selber und durch diese Fragen an das Genre. Ich musste dann immer wieder im Schreibprozess Pausen einlegen um zu „recherchieren“ bzw. Weltenbau zu betreiben und mir Dinge und Zusammenhänge auszudenken. So war für mich von Anfang an klar, dass es in dieser Welt nicht nur das Äquivalent zum europäischen Mittelalter geben sollte. Ich persönlich möchte wirklich nicht im Mittelalter leben. Ich kann daran für mich nicht Anheimelndes entdecken. Da bräuchte es schon etwas mehr Kultur und Annehmlichkeiten und Menschlichkeit. Also sollte die Welt, in der die Geschichte angesiedelt war, für mich eine Leitkultur haben, die wirklich kultur- und zivilisationsstiftend in einem moderneren Sinne ist. Und weil wir wissen , wie die Welt funktioniert, auch weil ich möglichst große Parallelen zu unserer heutigen Welt haben wollte, ist auch klar, dass das alles nicht so perfekt und ideal laufen kann. Dass auch solche Systeme fehler- und korruptionsanfällig sind. Dass sich überall, wo Menschen handeln, deren Schwächen ins System einschleichen und sich darin spiegeln. Außerdem war klar, dass ich keine Monarchie in dieser Leitkultur sondern dass ich eine Republik wollte. Um eine größere Relevanz für unsere Lebensverhältnisse herzustellen und um eine Welt zu entwerfen, die im Prinzip ihren Bürgern etwas in meinen Augen Lebenswertes bietet.
Viele andere Details entstammten meiner plötzlichen Erkenntnis, dass man im Genre der Fantasy eigentlich, – außer den üblichen Typen von Queststory usw. – eigentlich jeden Typ von Geschichte erzählen kann. Krimistories, Rachestories, Liebesgeschichten, einfach alles. Das sich jedes Storykonzept aus einem anderen Genre in Fantasy überführen lassen kann. Und dass auch alle Konzepte und Ideen in die Fantasy überführt werden können. Mit diesem Gedanken im Kopf begann ich einige meiner Lieblingskonzepte aus der Science Fiction in eine Fantasy-Welt zu übertragen. Ich stellte fest, dass sich meine Theorie bestätigte und das ohne Bruch ging. Es gibt also nicht wirklich SF-Elemente in „Ninragon“. Alles ist Fantasy. Aber vielleicht auf eine besondere Art. Es folgten Recherchen zu Religion, zur Staatstheorie, zum Militärwesen – so entstand während des Schreibens nach und nach die Welt von „Ninragon“.

scriba: Würdest Du dich generell als intuitiven Schreiber bezeichnen oder folgst Du einem genauen Plan?

Ich mache meiner Intuition folgend Pläne. Ich bin ein ziemlich instinktives Tier, wenn es ums Schreiben geht, und stelle dabei dann fest, dass sich dadurch sehr logische Strukturen ergeben. Wenn du im richtigen Zustand bist, kommt eins zum anderen. Dinge fallen dir zufällig in die Hand, du entdeckst, dass ein Wort, dass sich zufällig einschleicht, eine wichtige Bedeutung im großen Ganzen hat oder das Gesamtbild noch auf wichtige Art ergänzen kann. Alles wächst organisch wie ein Kristall, und es scheint keine Zufälligkeiten zu geben, während du doch irgendwo nur den Autopiloten eingeschaltet hast. Das ist wichtig, diesen Zustand des allertiefsten Vertrauens in die Geschichte und deinen Erzählprozess zu finden. Sich fallenlassen. Wie bei der Musik. Aus diesem Zustand entstehen die schönsten –  und strukturiertesten – Gebilde. Dein Unterbewusstsein ist oft so viel klüger als du. Es gibt mehr Gedanken im Universum als in deinen kleinen Verstand passen. Es geht darum, sich für sie offen zu machen. Und dann muss irgendwann der Verstand eingreifen und das alles jäten und ordnen. Papa Hemingway sagte einmal sinngemäß: „Schreibe betrunken, aber redigiere nüchtern.“ Ansonsten bewege ich mich irgendwo in der Mitte der Skala zwischen Architekt (jemandem, der seine Story minutiös durchplant, bevor er sie schreibt) und Gärtner (jemand der wachsen lässt und in den Prozess leitend eingreift), wobei ich mich immer mehr zum Architekten hinbewege. Auch planen kann man mit Intuition. Es gibt bei mir in der Regel ein Gerüst, das Platz zum Wachsen und Wuchern lassen hat. Aber ich neige in letzter Zeit dazu, den Architekturprozess im Vorhinein zu erledigen. Bei den letzten Planungen bin ich für einen bestimmten Zeitraum in den Planungsprozess des Projektes eingestiegen und habe in dieser Zeit dann das instinktive Tier auf den Themenkomplex losgelassen. Am Ende ist man erstaunt, was dabei herauskommt.

scriba: Manche Autoren schreiben am liebsten in belebten Cafés, andere brauchen die Stille des eigenen Schreibtisches. Wo schreibst Du am liebsten?

Horus: In meinem Arbeitszimmer. Am tiefsten Punkt des Hauses. Da habe ich die größte Verbindung zu meinem Unterbewusstsein. Unser Haus liegt am Hang. Dadurch habe ich gleichzeitig Licht und bin trotzdem von Erde umgeben. Aber ich schreibe auch anderswo. Große Teile des dritten Bandes von Ninragon habe ich in Arizona geschrieben, praktisch im Wüstenlicht schwimmend. Ich brauche Ruhe zum Schreiben. Damit ich die Melodie der Sprache hören kann. Vorher oder in Pausen höre ich manchmal Musik. Ich habe schon versucht, in Cafés zu schreiben, aber das klappt nicht so gut. Das war ein Ausprobieren; das war nicht wirklich ernsthaft und hat sich nicht bewährt.

Scriba: Gibt es ein tägliches Pensum an Seiten, das Du Dir bei deinem Schreibprozess auferlegt hast? Wie viel schreibst Du gewöhnlich pro Tag?

Horus: Es kommt, was kommt. Manche Stellen sind schwieriger, manche fließen schnell. Manche Tage sind schwieriger, manche fließen schnell. Es ist auch ein wenig wie beim Zeichnen: Je nach der Stimmung, dessen was man aufzeichnet, braucht man einen bestimmten Groove, damit die Linie oder die Worte den richtigen Charakter, Duktus oder Rhythmus kriegen. Manchen Stellen muss man schnell schreiben, manch in einem kontemplativen Dahingleiten. Ich liebe diese Zen-artigen ruhigen Stellen, die man langsam und gleitend schreibt und die vollkommen ohne Mühe entstehen. Mein Pensum. Das ändert sich, je nach Zeit die ich für das Schrieben aufbringen kann. In der Regel gilt für mich: 2000 Worte sind gut, 1000 sollte man schon schaffen. Alles über 3500 lässt einen hocherfreut aus dem Schreibzimmer rausgehen. Aber es gibt auch Tage und Stellen, die lassen einfach nicht zu, dass man viel schreibt. Und an manchen Tagen schafft man dagegen ungeheuer viel.

scriba: Gehst Du beim Schreiben chronologisch vor und beginnst mit der ersten Szene oder folgst Du einer Idee und setzt die Szenen später zusammen?

Horus: In der Regel gehe ich immer chronologisch von. Nur so ungefähr ab Band 2 und 3 von Ninragon habe ich eine Ausnahme gemacht. Ich habe die Szenen der Rahmenhandlung um Darachel und die Ninraé an einem Stück geschrieben, habe in einem zweiten Run die Szenen aus Aurics Erzählung geschrieben, bis zu dem Punkt, wo sich beide Erzählebenen treffen. Danach erst habe ich das Ende der Geschichte geschrieben. Es war mir an dieser Stelle wichtig, bei der Gedankenwelt und beim Ton dieser Plotlininen zu bleiben, um größeren Fluss und Einheitlichkeit zu schaffen.

scriba: Wie muss man sich als Laie den Schreibprozess vorstellen? Schreibst Du mehrere Szenen mehrmals und entscheidest Dich am Schluss für eine Fassung?

Horus: Ich lege los, schreibe anfangs sehr präzise. Irgendwann bricht diese Energie, dann wird man schneller und skizzenhafter, greift weiter vor. Am nächsten Tag kontrolliere ich das Geschriebene und mache erste Überarbeitungen, komme dann irgendwann zu dem Part wo es Fragmentarischer wird und arbeite ab da wieder alles präzise aus, bis die Arbeitsenergie wieder umschwingt. So mache ich die erste Fassung.
Dann, nach einer Pause, schaue ich mir die noch einmal an und überarbeite sie im Hinblick auf Lektor und Leser. Dabei schaue ich mir an, was funktioniert und was nicht. Gleiche den Ton an. In der Phase suche ich dann auch Szenen, die nicht funktionieren. Die überarbeite ich dann. Oder streiche sie – manchmal, aber eher selten. Es kommt auch selten vor, dass ich eine Szene komplett neu schreiben. Dann geht das Buch zum Lektor. Und danach kann ich unter Umständen das Buch umbauen oder noch einmal Szenen neu schreiben. „Hyperdrive“ habe ich intensiv umbauen müssen. Aber das lag auch daran, dass es mein erstes Buch war, nicht so recht wusste, wohin die Reise geht und noch viel ausprobiert habe. Der Lektor ist meine eigenes schlechtes Gewissen. Mein jetziges Lektor – nennen wir ihn Django – findet gnadenlos die Stellen, bei den ich auch noch irgendwie ein mieses Gefühl habe, das aber noch nicht wirklich wahrhaben wollte.

scriba: Hörst Du Musik beim Schreiben? Wenn ja, welche?

Horus: In der Regel höre ich, wie oben schon erwähnt, beim Schreiben selber keine Musik. Manchmal höre ich vorher und in Pausen Musik, um mich einzustimmen. Aber es gibt diese seltenen Gelegenheiten, wo man Musik während des Schreibens braucht, um eine Mauer zu durchbrechen. Was höre ich dann? Ich letzter Zeit war das der Soundtrack zu „Sons of Anarchy“, den ich selber ergänzt und erweitert habe, die letzte Springsteen „Wrecking Ball“, Chris Whitley „Living with the Law“. Was gerade passt und anliegt. Manchmal Härteres, wenn die Mauer, die man durchbrechen muss, ziemlich dick ist.

scriba: Hast Du einen geregelten Schreibplan? Das heißt, schreibst Du zum Beispiel täglich zu einer bestimmten Zeit?

Horus: Ich versuche immer, so bald wie möglich ans Schreiben zu kommen. Als wir noch keine Kinder hatten, war das natürlich früher am Tag. Heute müssen unsere Mädels zuerst fertig gemacht und in den Kindergarten gebracht werden. Oder es sind andere Sachen dringend zu erledigen. Aber in der Regel gilt: So früh wie möglich. Im Gegensatz zu vielen kreativen Menschen bin ich überhaupt kein Nachtarbeiter. Ich bin ein Lichtmensch und habe am liebsten ganz viel Licht, das ich in mich aufsaugen kann. Ich spüre es, wenn draußen Licht ist, auch wenn alle Luken geschlossen sind. Ich habe das Gefühl, Licht strömt wie eine kreative Kraft durch mich hindurch.

scriba: Zu den Charakteren: Die Protagonisten glaubhaft zu erschaffen, ist sicherlich eine besondere Herausforderung, gerade in einem Fantasy-Roman. Legst Du Charaktereigenschaften, das Aussehen oder den jeweiligen Hintergrund deiner Figuren von Beginn an fest, oder verselbstständigen sich deine Charaktere beim Schreiben?

Horus: Ja, ich habe das mal versucht mit dem Figuren entwerfen. Charaktereigenschaften anlegen, aufzeichnen. Charakterbögen. Das funktioniert aber nicht für mich. Ich muss eine Figur fühlen. Ich muss wissen, wie sie geht, wie ihr Körpergefühl ist. Wenn ich die Figur habe, dann habe ich sie. Kleine Details halte ich natürlich fest, wie, auf welcher Seite er eine Narbe hat, solche banalen Dinge, die man leicht vergisst und ansonsten immer mühsam nachschlagen muss.

scriba: Was ist Deiner Meinung nach die größte Herausforderung beim Schreiben eines Romans?

Horus: Über die ganze Strecke durchzuhalten. Vertrauen in den Roman zu haben. Es auch über die ganze Strecke zu behalten. Nicht in Technik zu verfallen. Sich immer frisch und neu, an jedem Schreibtag, rückhaltlos in den Roman hineinzuwerfen.
Irgendjemand hat einmal geschrieben, für einen Roman bräuchte man die Kraft eines Langstreckenläufers. Zähigkeit. Noch einmal: das Vertrauen in den Roman bewahren.

scriba: Wie hast Du Dich gefühlt, als du das letzte Wort des Ninragon-Epos geschrieben hast?

„Wie, war’s das schon?“ Einerseits habe ich gewusst, dass ich nur für eine bestimmte Zeit von dem Thema Abschied nehme, da die Geschichte dieser Welt weitergehen soll. Wer den Epilog von „Ninragon“ gelesen hat weiß, dass zwar dieser Roman aber die große Geschichte noch nicht zu Ende ist. Zum anderen hatte ich zum Schluss hin Zweifel, ob ich mich in der nächsten Zeit noch einmal so tief auf einen Geschichte einlassen könnte. „Ninragon“ hat mir viel abgefordert. Das war in Teilen sehr intensiv und sehr nah. Ich wusste nicht, ob ich das so bald wieder wollte. „Ninragon“ hat in bestimmten Phasen des Schreibens mein Leben ausgefüllt und mir einige der schlimmsten Alpträume bereitet. Aber aus einigen Alpträumen sind auch die stärksten Szenen geworden. Ich war also irgendwie gleichzeitig erleichtert, das geschafft zu haben, und überrascht.

scriba: Was findest Du als Autor am schwierigsten am gesamten Schreibprozess: Einen richtigen Einstieg zu finden, der die Leser mitreißt, den roten Faden und die Spannung zu halten, die Charaktere glaubhaft darzustellen oder ein befriedigendes Ende zu schaffen?

Horus: Das schwierigste ist, in einem Roman das Vertrauen zu halten, dass alles zusammenfindet. Und es findet alles zusammen. Damit wäre keiner dieser Punkte wirklich schwierig. Es ist aber besonders schwierig, in einem langen, komplexen Projekt die Logik der Zusammenhänge im Auge zu behalten, die Plausibilität über all die verschiedenen Ebenen und ineinander verschränkten Handlungen hinweg. Wer was weiß und aufgrund dessen wie handelt. Wie die Informations- und Motivationslage ist. Wie das alles richtig ineinandergreift. Dagegen ist alles andere ein Klacks. Deswegen neige ich in letzter Zeit eher dem Architekten zu. Wenn das geklärt ist, bleibt viel Platz für kreative Entscheidungen. Es ist nicht schwer, einen guten Romananfang zu finden. Es ist allerdings eine Herausforderung einen zu finden, der publikumswirksam und zugleich gut ist. Das gilt auch für das Ende. Lesegewohnheiten verändern sich. Qualitätsmaßstäbe nicht. Als schwierig würde ich es nicht bezeichnen, aber es ist eine Herausforderung. Das gehört zum Handwerk des Erzählers. Shakespeare war ein Meister darin.

Die Blogtour geht morgen weiter bei Blücher. Wir drücken Horus W. Odenthal fest die Daumen bis zur Bekanntgabe der Gewinner des Deutschen Phantastik Preises!

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Sternenschimmer

Kim Winter
Gebundene Ausgabe:
576 Seiten
Verlag:
Planet Girl; Auflage: 1. (15. Juli 2011)
Sprache:
Deutsch
ISBN:
3522502787

Man stelle sich eine Welt vor, in der das Leben von den Auswirkungen der Klimaveränderungen gezeichnet ist. Bewohnbar ist noch ein kleiner Teil der Erde – vor der Ozonstrahlung durch eine Glaskuppel geschützt – der Rest ist von Wasser bedeckt. Die Menschen mussten enger zusammenrücken, haben aber aus ihren Fehlern gelernt. Kriege gibt es auf dieser Welt schon lange nicht mehr. Deswegen ist es für die Vereinten Nationen der Erde auch selbstverständlich, Kinder und Jugendliche des Lichtjahre entfernten Planeten Loduun aufzunehmen, als dort kriegerische Konflikte zwischen den Clans entbrennen. Auch Mia will helfen. Die 17-jährige meldet sich als ehrenamtliche Helferin. Ihre Aufgabe ist es, die traumatisierten Kriegsflüchtlinge zu betreuen, mit ihnen zu spielen, sie zu trösten und die Eingewöhnung auf der Erde zu erleichtern. Im Handumdrehen wachsen Mia ihre Schützlinge ans Herz. Besonders der kleine Tony und die kleine Hope haben es ihr angetan. Sie geht in ihrer Arbeit auf, alles läuft bestens, bis Hopes großer Bruder Iason aus dem Krankenhaus entlassen wird: Es trifft Mia wie ein Blitz, als sie den jungen Mann vom „Clan des Stolzes“ zum ersten Mal sieht. Bläulich schimmert seine Haut, intensiv und strahlend empfindet sie seine außerirdischen Augen, aber das Schlimmste: Er bringt Mia vollkommen durcheinander. In seiner Gegenwart weiß sie nichts zu sagen, weg ist ihr Selbstbewusstsein, ihre Schlagfertigkeit. Von Anfang an verbindet Mia und Iason eine explosive Mischung aus gegenseitiger Faszination und Spannung. Die beiden sind wie Feuer und Wasser, stoßen sich wie zwei gleichgepolte Magneten ab und ziehen sich umgekehrt dann doch wieder an. Hitzige Wortgefechte und Missverständnisse sind da vorprogrammiert. Doch plötzlich ändert sich alles, als die Handlanger des Kriegstreibers Lokondra auch auf der Erde auftauchen und Mia und Iason erfahren, was sie wirklich verbindet …

Mit dem Auftakt der Fantasy-Triologie Sternenschimmer ist Kim Winter eine wahre Perle des Genres gelungen. Aber nicht nur eine zauberhafte Liebesgeschichte ist es, die den Leser in den Bann zieht, der Roman gewinnt ab Mitte des Buches an Fahrt und ist spannend bis zur letzten Seite. Der Clou dabei ist jedoch, dass Kim Winter ihre Action-geladene Liebesgeschichte mit einer gehörigen Prise Heiterkeit würzt: z.B. als von der liebevoll dussligen Mutter die Rede ist, über die man einfach lächeln muss, wenn Mia im Kühlschrank Dinge findet, die doch besser im Bad aufgehoben wären. Oder von einer Mia, bei der Wohlfühlen mit Niesen verbunden ist, was manchmal ganz schön verräterisch sein kann … Dann sind da noch die vielen kleinen Gegensätze zwischen Menschen und Loduunern, die einen immer wieder zum Schmunzeln bringen: „Ist das irdisch oder Mia?“ ist die Frage, die Iason mehr als einmal stellen muss, denn so manche Eigenheiten der Erdbewohner muten doch unverständlich an, wenn ein vernunftbestimmtes Volk auf die emotionalen Irden trifft.

Sternenschimmer ist meiner Meinung nach ein rundum gelungener Jugendroman: Themen wie Toleranz und Andersartigkeit, Tierschutz und Ehrenamt sind genauso wichtige Aspekte der Geschichte wie Krieg und Freundschaft, Völkerverständigung und Hoffnung. Zu guter Letzt ist da natürlich auch noch die Liebe: Diese ist, so wie man erfährt, ein typisch menschliches Gefühl – für die vernunftbestimmten Loduuner ist dagegen Solidarität und familiäre Verbundenheit bestimmend. Ein echte Herausforderung für Mia: Vielleicht schafft sie es trotzdem, Iason zu zeigen, was Liebe ist?

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scriba-Autor des Monats Januar

Robert Jordan mit seinem Fantasy-Epos „Das Rad der Zeit“

Robert JordanDer High-Fantasy-Roman ist bis heute fest mit dem Namen Tolkin verbunden. Schließlich hat der Autor, dessen Geburtstag sich dieser Tage zum 120. Mal jährt, mit „Herr der Ringe“ nicht nur ein facettenreiches Meisterwerk vorgelegt, sondern gleichzeitig ein neues Genre begründet. Leser jedoch, die sich für Fantasy-Zyklen begeistern, verbinden heute gleichermaßen einen anderen Autorennamen mit phantastischer Literatur: Robert Jordan – und das  nicht zu unrecht.

Denn Jordans Zyklus „Das Rad der Zeit“, der mittlerweile 13 Bände und über 9000 Buch-Seiten umfasst und Millionen Fans weltweit zählt, besitzt u.a. völlig neue Fantasy-Elemente.
Den Entschluss Schriftsteller zu werden, fasste der 1948 geborene Robert Jordan, der eigentlich Phsyiker war, während eines Krankenhausaufenthalts, der ihm die Lektüre vieler Bücher ermöglichte. Jordan war überzeugt, mindestens ebenso gut schreiben zu können wie andere Autoren. Aus zwei Gründen entschied er sich, sein Autorendebüt im Fantasy-Bereich anzusiedeln: „Zum ersten: Du kannst über gut und böse, richtig und falsch nachdenken, und niemand wird dir erzählen du seiest rechthaberisch. Das zweite ist: In der Fantasy-Literatur gibt es immer den Glauben, dass, wie groß die Hindernisse auch sein mögen, du in der Lage bist, sie zu überwinden, dass der nächste Tag ein besserer sein kann. Und nicht nur, dass er besser sein kann, sondern es auch sein wird, wenn du dich nur bemühst.“

Das Rad der Zeit10-12 Stunden täglich arbeitete Jordan seit Ende der 80er Jahre bis zu seinem Tod 2007 und schuf damit ein unvergleichliches episches Werk. Bevor Robert Jordan jedoch verstarb, hat er die wichtigsten Details seines Rad-der-Zeit-Zyklus’ an seine Familie weitergegeben, sodass die Reihe vollendet werden könne.

2012 erfogt nun mit dem 14. Band „A memory of Light” (von Brandon Sanderson verfasst nach Jordans Notizen und Freigabe durch seine Frau) die Veröffentlichung des letzten Bandes der Fanatasy-Saga, auf die viele Leser sehnsüchtig und sicherlich auch mit ein wenig Wehmut warten. Wie „Das Rad der Zeit“ nun seinen Abschluss findet, lesen Sie noch vor Erscheinen der deutschen Übersetzung bei Scriba.

Nähere Informationen zum Autor und sein Werk gibt es unter: http://www.radderzeit.de/main/home.php

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Blutbraut

Lynn Raven                                                                                 Taschenbuch: 736 Seiten                                                         Verlag: cbt Fantasy                                                                     Sprache: Deutsch                                                                ISBN: 3570160701                                                                      Erscheinungstermin: 31. Oktober 2011

Mehr als ein Jahr ist es her, dass Lynn Raven mit dem Kuss des Kjer ihren letzten Roman vorgelegt hat. Für die Verhältnisse der Autorin eine ungewöhnlich lange Zeit. Nun ist ihr neues Buch erschienen: „Blutbraut“, ganze 736 Seiten stark, kunstvoll gestaltet mit einem düsteren Cover, welches zusammen mit dem Titel auf den ersten Blick verrät: Lynn Raven bleibt sich treu. Im Mittelpunkt der Geschichte, die im Urban-Fantasy-Bereich spielt, steht wieder eine weibliche Protagonistin, Lucinda, deren männlicher Gegenpart, dieses Mal ein mächtiger Hexer, einer dunklen Welt entstammt.

Ausgangspunkt der Handlung ist: Allein Lucindas Blut kann verhindern, dass sich Joaquin de Alvaro in einen grausamen, blutrünstigen Nosferatu verwandelt. Daher gibt es für sie, die seit dem gewaltsamen Tod ihrer Tante an einem Trauma leidet, nur ein Ziel: Flucht, der Verkörperung alles Bösen entkommen.

Mit einer Verfolgungsszene durch die Handlanger des Hexers setzt der Roman auch ein. Der Leser wird förmlich überrumpelt, stolpert in das Geschehen, hastet Lucinda durch Bosten auf ihrer Flucht hinterher, atemlos. Ja, beinahe orientierungslos. Manche Zeilen wird er womöglich sogar öfters lesen, um einen Anhaltspunkt zu ergattern, der offenbart, was sich hier genau vor seinen Augen abspielt.

Lynn Raven ist nicht bekannt dafür, ihre Geschichten langsam und zuweilen auch langatmig aufzubauen; Die Handlung beginnt immer auf der ersten Seite. Ein derart rasanter, mitreißender Plot ist ihr bisher jedoch noch nicht gelungen. Mit einer Mischung aus Gefahr, Action, Emotion und Gänsehaut-Stimmung hält sie den Leser von Beginn an gefangen, und lässt ihn erschaudern, als Lucinda schließlich überrumpelt und gefangen ihre Ängste grausame Realität werden sieht, wenn Joaquin feststellt: „Sie hätte dich niemals finden sollen, mi corazón,“.

Aber der Schein trügt; mehr und mehr ist alles verworren und die Seiten sind verdreht. Dass Joaquin nicht Lucindas größte Bedrohung darstellt – im Gegenteil – und die Zusammenhänge anders sind als man sie stets glauben ließ, wird immer offensichtlicher und lässt das Weltbild der Protagonistin wanken. Die Frage ist, wem kann sie nun vertrauen, um aus ihrer Falle zu entkommen, wenn nichts so ist, wie es immer war. Demjenigen, vor dem sie sich am meisten fürchtet?

Um die fein konstruierte „Unterwelt“, dem Konsortium der Hermandad,  mit der nötigen bedrohlichen Fassade auszustatten, bedient sich Lynn Raven Mafia-Elementen á la „Der Pate“, anstatt auf bekannte Vampir-Klischees zurückzugreifen. Darüber hinaus besitzen die Blutsauger hier auch magische Kräfte, und werden früher oder später anders als in Mainstream-Vampir-Geschichten zu gefürchteten Nosferatu, was es durch die Vereinigung mit einer Blutbraut zu verhindern gilt.

Mit Tiefe ausgestattet hat Lynn Raven zudem ihre Charaktere – und das nicht nur die Hauptfiguren. Sämtliche Personen werden facettenreich ausstaffiert mit eignen Wesenszügen, Eigenheiten sowie guten und schlechten Angewohnheiten. Dies hat zur Folge, dass auch Nebenfiguren wie Rafael äußerst authentisch und individuell für sich stehen. Unterstrichen wird der individuelle Charakter Joaquins beispielsweise durch die Verwendung von spanischen Ausdrücken, was dem Verständnis jedoch keinen Abbruch tut.

Abbruch tun dem Lesevergnügen hingegen deutliche Längen in der Mitte des Buches. Zwar dienen die leiseren und zuweilen zarteren Töne an dieser Stelle, die komplexe und verfahrene Situation zwischen Joaquin, dem Sympathieträger des Romans, und Lucinda foranzutreiben und weiterzuentwicklen (Szenen, die mitunter zum Schmunzeln verleiten). Schließlich ist die Konfrontation Lucindas mit dem scheinbaren Feind, die allmähliche Annäherung der beiden, der Kern des Geschichte. Dennoch sollte ein guter Lektor zum Rotstift greifen, damit die Story nicht allzu sehr an Tempo verliert.

Unnötig eingegriffen, um auf Biegen und Brechen die passende Zielgruppe anzusprechen, hat das Lektorat vermutlich hingegen beim Alter der weiblichen Hauptfigur. Nahezu lächerlich wirkt es, dass Lucinda erst 17 Jahre alt sein soll, aber seit Jahren mutterseelenallein durch die USA von einem Job zum nächsten zieht und jegliche Hürden problemlos meistert. Hier hätte man ruhig darauf vertrauen können, dass eine Geschichte von ihrer Qualität lebt und nicht nur durch ihre falsche Einordnung als vermeintlicher Teenie-Roman.

Abgesehen von diesen kleinen Schwächen knüpft die Blutbraut die letzten 200 Seiten wieder an ihre anfängliche Stärke an. Die spannenden und emotionsreichen Schluss-Szenen versöhnen und lassen eine Fortsetzung erwarten. Dies ist besonders erwähnenswert, da es üblicherweise gerade das Ende bei Lynn-Raven-Roman ist, das weniger begeistert. Letztlich zeugt dies von einer Weiterentwicklung der Autorin, die mit ihrem neuesten Buch einmal mehr beweist, dass sie zu den großen Namen der romatischen Fantasy-Litertur gehört. Vielleicht die herausragendste Neuerscheinung im Phantastik-Lese-Herbst 2011!

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Der Kuss des Dämons – Vampirroman mit zu viel Biss

Lynn Raven                                                                        Taschenbuch: 334 Seiten                                                           Verlag: cbt Fantasy                                                                       Sprache: Deutsch                                                                           ISBN: 3800053519                                                                       Erscheinungstermin: 29. Januar 2008

Julien DuCraine ist der Inbegriff dessen, was Mädchenherzen höher schlagen lässt:  Er ist groß, schlank, hat dunkles, fast schwarzes Haar und bewegt sich mit gefährlicher Eleganz. Er ist ein Einzelgänger, ein wenig abweisend und arrogant, aber dabei auf beunruhigende Art schön.  Doch Julien hat nicht nur Optisch was zu bieten: Er spielt Geige wie ein ganz Großer und ist noch dazu ein begnadeter Fechter. Das männliche Geschlecht behandelt ihn mit vorsichtigem Respekt, hegt aber insgeheim einen gewissen Groll gegen Julien. Und das ist kein Wunder. Nur wenige Tage nach seiner Ankunft an der amerikanischen High-School ist er der Traum aller Mädchen und hat schon etliche Herzen gebrochen. Nur die junge Dawn fällt nicht auf ihn herein – vorerst. Schon nach kurzer Zeit bröckelt  auch Dawns Widerstand und sie verknallt sich gegen alle Regeln der Vernunft in Julien – und das, obwohl er ihr auf mehr als eindeutige Weise zu verstehen gibt, dass er diese Gefühle nicht teilt. Bald stellt sich jedoch heraus, dass Juliens scheinbare Abneigung gegen Dawn nur eine Fassade ist, und auch der arrogante Einzelgänger Gefühle zeigen kann. Doch Julien und Dawn ahnen beide nicht, auf wen sie sich gegenseitig einlassen…

Bei Lynn Ravens Roman „Der Kuss des Dämons“ geht ein mittlerweile altbekanntes Konzept bestens auf: Eine scheinbar durchschnittliche High-School-Schülerin und ein übersinnliches und gefährliches Wesen – sagen wir mal eine Art Vampir – verlieben sich.  Er wehrt sich zwar Anfangs aus (mittlerweile in Mode gekommener) „Gut-Vampir-Manier“ gegen seine Gefühle, die anbahnende Romanze ist jedoch unaufhaltsam. Doch das sind nicht nur die einzigen Parallelen zu einem weltberühmten Teenie-Vampir-Roman, bei dem auch eine amerikanische High-School den Schauplatz bietet. Auch Julien wird zum Retter seiner Angebeteten und offenbart ihr somit, wie „übersinnlich“ er eigentlich ist. Unterbrochen wird das „Techtelmechtel“  – wie zu erwarten – von regelmäßigen Action-Szenen, in der der „Lamia“ zeigen kann, was in ihm steckt.

Zugute halten kann man Lynn Raven, dass sie drauf verzichtet hat, Julien als verwegenem „Vourdranj“ das Image eines moralisch lupenreinem, tierbluttrinkendem Saubermanns aufzudrücken. Stattdessen ist Julien bei Lynn Raven wirklich, was er ist:  Ein wenig zimperlicher Blutsauger.

Meiner Meinung nach kann es Lynn Raven durchaus besser! Ich habe sowohl den „Kuss des Kjer“, als auch „Der Spiegel von Feuer und Eis“ gelesen und war begeistert. Auch diese Bücher waren als Jugendbücher angelegt, aber bei weitem komplexer und durchaus auch für Erwachsene lesenswert.

„Der Kuss des Dämons“, Auftaktroman von Lynn Ravens Vampir-Reihe, ist aber für erwachsene Fans von Urban- und Dark-Fantasy nicht empfehlenswert – es sei denn die Fantasy-Lektüre hat von vornherein nur den Zweck das Abschalten vom Alltag zu fördern (Das kann sie).  Dagegen werden Teenies, die noch immer auf der Biss-Welle schwimmen, begeistert sein. Für diese Zielgruppe gebe ich eine eindeutige Kaufempfehlung. Für Leser, die das 18. Lebensjahr bereits überschritten haben und denken, dass der  Buchmarkt mittlerweile ein bisschen weniger  „Biss“ verträgt, gibt es eine bessere Alternative. Im Frühjahr erscheint Lynn Ravens neuestes Werk „Hexenfluch“, diesmal ein „All-Age-Roman“!

Tipp: Lynn Raven ist mit ihrem aktuellen Roman „Blutbraut“ unsere Autorin des Monats November 

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