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Horus W. Odenthal: Blogtour zur Fantasy-Trilogie Ninragon

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Horus W. Odenthal

Wie schreibt mein eigentlich einen Fantasy-Roman? Keine Eintagsfliege, sondern einen richtig guten – Einen, der es vermag, Fantasy-Leser in ungeahnte Welten zu entführen, der magische Bilder heraufbeschwören kann, der einen verzaubert und fesselt und der den Leser ungeduldig warten lässt auf eine Fortsetzung? Ich weiß es nicht. Leider. Dafür Horus W. Odenthal. Der Indie-Schriftsteller und erfolgreiche Comic-Zeichner ist mit seinem dreiteiligen Epos Ninragon für den „Deutschen Phantastik Preis 2013“ nominiert, und das gleich in zwei Kategorien: als  „Bestes deutschsprachiges Romandebüt“ und als „Beste Serie“. scriba gratuliert ganz herzlich zu diesem Erfolg, der gerade für einen verlagsfreien Autor nicht selbstverständlich ist und beteiligt sich anläßlich der Nominierung an einer Ninragon-Blogtour. Wir haben uns mit Horus W. Odenthal darüber unterhalten, wie man eigentlich einen Fantasy-Roman schreibt.

Interview: Über das Schreiben

Scriba: Bevor wir mehr darüber erfahren, wie Du Deine Ninragon-Saga schreibst, möchten wir eine Frage vorwegnehmen: Wie bist du überhaupt zum Schreiben gekommen? Gehörst Du zu denjenigen, die schon von Kindesbeinen an Geschichten erfunden haben oder hast Du das Schreiben später für Dich entdeckt?

Horus: Ich habe mir schon immer Geschichten ausgedacht, aber ich glaube, das tut jedes Kind. Geschichten über die Ritter- und Indianerfiguren, die man hat, Geschichten um die Rennen, welche die Spielzeugautos fahren. Und es ist auch ganz normal für jemanden, den das dann später professionell packt, ziemlich bald, nachdem man ausreichend schreiben kann, auch damit anzufangen, diese Geschichten aufzuzeichnen bzw. den Büchern, die man liest etwas eigenes gegenüberzustellen. Bei mir fing das, kennzeichnend für meinen späteren Weg, zweigleisig an. Das heißt, ich zeichnete Illustrationen zu den Büchern, die ich las und ich fing auch bald an selber Geschichten zu schreiben (die ich dann auch illustrierte). Wie bei den meisten Anfängern in diesem Alter, waren diese Geschichten ziemlich unfertig und entsprangen neben dem Bedürfnis, etwas eigenes zu produzieren auch dem Bedürfnis mehr (und intensiver) von dem zu haben, was man selber gerne liest. Dieser Antrieb ist, wenn ich es mir recht überlege, bis heute erhalten geblieben.
Merkwürdigerweise hieß die erste Geschichte, die ich schrieb „Auric der Schwarze“ und zwei der Hauptcharaktere sind, zumindest mit ihrem Namen und auch rudimentär von der Anlage, in „Ninragon“ eingegangen. Mein Berufswunsch war immer Schriftsteller, doch dann, relativ spät eigentlich, habe ich intensiver die Comics für mich entdeckt. Das war in den Jahren vor dem Abi; damals kamen gerade die sogenannten Erwachsenencomics nach Deutschland, u. a. mit Schwermetall usw. Dadurch bin ich dann dazu gekommen, dass ich meine Geschichten selber als Comics erzählen wollte. Ich habe das dann erstmal gelernt und danach viele, viele Jahre praktiziert. Die Sachen wurden in den USA und Europa veröffentlicht. Das ging so lange gut, bis ich in diesem Medium an gewisse Grenzen gestoßen bin. Aber darüber habe ich an anderer Stelle, auch auf dieser Blogtour, schon einiges erzählt. Und damit tauchte dann mein alter Berufswunsch dunkel gärend aus dem Untergrund wieder auf. Heute bin ich wieder da, wo ich eigentlich angefangen habe und wo ich schon immer hin wollte. Merkwürdigerweise oder auch nicht.

scriba: Für dein dreiteiliges Ninragon-Epos hast Du eine komplexe phantastische Welt erschaffen. Welcher Entstehungsprozess geht dem Schreiben voraus? Wie lange hast Du geplottet, bis Du überhaupt den ersten Satz getextet hast?

Horus: Ich habe überhaupt nicht geplottet. Die erste Manuskriptseite von Ninragon war als Allererstes da. Von ihr ging alles andere aus. Ich habe mir vor dieser ersten Seite überhaupt keine Gedanken zu der Welt gemacht. Jedenfalls nicht konkret auf dieses Projekt bezogen. Ich habe mir viele Gedanken über das Genre Fantasy im Allgemeinen gemacht. Was ich daran mochte, was nicht. Mit dem Stand des Genres war ich für mich unzufrieden. Cover Ninragon 1Ich fand, da müsste dringend etwas passieren, damit es für mich interessant werden konnte. Die konkreten Details der Welt haben sich während des Schreibens entwickelt, am Schreibprozess selber und durch diese Fragen an das Genre. Ich musste dann immer wieder im Schreibprozess Pausen einlegen um zu „recherchieren“ bzw. Weltenbau zu betreiben und mir Dinge und Zusammenhänge auszudenken. So war für mich von Anfang an klar, dass es in dieser Welt nicht nur das Äquivalent zum europäischen Mittelalter geben sollte. Ich persönlich möchte wirklich nicht im Mittelalter leben. Ich kann daran für mich nicht Anheimelndes entdecken. Da bräuchte es schon etwas mehr Kultur und Annehmlichkeiten und Menschlichkeit. Also sollte die Welt, in der die Geschichte angesiedelt war, für mich eine Leitkultur haben, die wirklich kultur- und zivilisationsstiftend in einem moderneren Sinne ist. Und weil wir wissen , wie die Welt funktioniert, auch weil ich möglichst große Parallelen zu unserer heutigen Welt haben wollte, ist auch klar, dass das alles nicht so perfekt und ideal laufen kann. Dass auch solche Systeme fehler- und korruptionsanfällig sind. Dass sich überall, wo Menschen handeln, deren Schwächen ins System einschleichen und sich darin spiegeln. Außerdem war klar, dass ich keine Monarchie in dieser Leitkultur sondern dass ich eine Republik wollte. Um eine größere Relevanz für unsere Lebensverhältnisse herzustellen und um eine Welt zu entwerfen, die im Prinzip ihren Bürgern etwas in meinen Augen Lebenswertes bietet.
Viele andere Details entstammten meiner plötzlichen Erkenntnis, dass man im Genre der Fantasy eigentlich, – außer den üblichen Typen von Queststory usw. – eigentlich jeden Typ von Geschichte erzählen kann. Krimistories, Rachestories, Liebesgeschichten, einfach alles. Das sich jedes Storykonzept aus einem anderen Genre in Fantasy überführen lassen kann. Und dass auch alle Konzepte und Ideen in die Fantasy überführt werden können. Mit diesem Gedanken im Kopf begann ich einige meiner Lieblingskonzepte aus der Science Fiction in eine Fantasy-Welt zu übertragen. Ich stellte fest, dass sich meine Theorie bestätigte und das ohne Bruch ging. Es gibt also nicht wirklich SF-Elemente in „Ninragon“. Alles ist Fantasy. Aber vielleicht auf eine besondere Art. Es folgten Recherchen zu Religion, zur Staatstheorie, zum Militärwesen – so entstand während des Schreibens nach und nach die Welt von „Ninragon“.

scriba: Würdest Du dich generell als intuitiven Schreiber bezeichnen oder folgst Du einem genauen Plan?

Ich mache meiner Intuition folgend Pläne. Ich bin ein ziemlich instinktives Tier, wenn es ums Schreiben geht, und stelle dabei dann fest, dass sich dadurch sehr logische Strukturen ergeben. Wenn du im richtigen Zustand bist, kommt eins zum anderen. Dinge fallen dir zufällig in die Hand, du entdeckst, dass ein Wort, dass sich zufällig einschleicht, eine wichtige Bedeutung im großen Ganzen hat oder das Gesamtbild noch auf wichtige Art ergänzen kann. Alles wächst organisch wie ein Kristall, und es scheint keine Zufälligkeiten zu geben, während du doch irgendwo nur den Autopiloten eingeschaltet hast. Das ist wichtig, diesen Zustand des allertiefsten Vertrauens in die Geschichte und deinen Erzählprozess zu finden. Sich fallenlassen. Wie bei der Musik. Aus diesem Zustand entstehen die schönsten –  und strukturiertesten – Gebilde. Dein Unterbewusstsein ist oft so viel klüger als du. Es gibt mehr Gedanken im Universum als in deinen kleinen Verstand passen. Es geht darum, sich für sie offen zu machen. Und dann muss irgendwann der Verstand eingreifen und das alles jäten und ordnen. Papa Hemingway sagte einmal sinngemäß: „Schreibe betrunken, aber redigiere nüchtern.“ Ansonsten bewege ich mich irgendwo in der Mitte der Skala zwischen Architekt (jemandem, der seine Story minutiös durchplant, bevor er sie schreibt) und Gärtner (jemand der wachsen lässt und in den Prozess leitend eingreift), wobei ich mich immer mehr zum Architekten hinbewege. Auch planen kann man mit Intuition. Es gibt bei mir in der Regel ein Gerüst, das Platz zum Wachsen und Wuchern lassen hat. Aber ich neige in letzter Zeit dazu, den Architekturprozess im Vorhinein zu erledigen. Bei den letzten Planungen bin ich für einen bestimmten Zeitraum in den Planungsprozess des Projektes eingestiegen und habe in dieser Zeit dann das instinktive Tier auf den Themenkomplex losgelassen. Am Ende ist man erstaunt, was dabei herauskommt.

scriba: Manche Autoren schreiben am liebsten in belebten Cafés, andere brauchen die Stille des eigenen Schreibtisches. Wo schreibst Du am liebsten?

Horus: In meinem Arbeitszimmer. Am tiefsten Punkt des Hauses. Da habe ich die größte Verbindung zu meinem Unterbewusstsein. Unser Haus liegt am Hang. Dadurch habe ich gleichzeitig Licht und bin trotzdem von Erde umgeben. Aber ich schreibe auch anderswo. Große Teile des dritten Bandes von Ninragon habe ich in Arizona geschrieben, praktisch im Wüstenlicht schwimmend. Ich brauche Ruhe zum Schreiben. Damit ich die Melodie der Sprache hören kann. Vorher oder in Pausen höre ich manchmal Musik. Ich habe schon versucht, in Cafés zu schreiben, aber das klappt nicht so gut. Das war ein Ausprobieren; das war nicht wirklich ernsthaft und hat sich nicht bewährt.

Scriba: Gibt es ein tägliches Pensum an Seiten, das Du Dir bei deinem Schreibprozess auferlegt hast? Wie viel schreibst Du gewöhnlich pro Tag?

Horus: Es kommt, was kommt. Manche Stellen sind schwieriger, manche fließen schnell. Manche Tage sind schwieriger, manche fließen schnell. Es ist auch ein wenig wie beim Zeichnen: Je nach der Stimmung, dessen was man aufzeichnet, braucht man einen bestimmten Groove, damit die Linie oder die Worte den richtigen Charakter, Duktus oder Rhythmus kriegen. Manchen Stellen muss man schnell schreiben, manch in einem kontemplativen Dahingleiten. Ich liebe diese Zen-artigen ruhigen Stellen, die man langsam und gleitend schreibt und die vollkommen ohne Mühe entstehen. Mein Pensum. Das ändert sich, je nach Zeit die ich für das Schrieben aufbringen kann. In der Regel gilt für mich: 2000 Worte sind gut, 1000 sollte man schon schaffen. Alles über 3500 lässt einen hocherfreut aus dem Schreibzimmer rausgehen. Aber es gibt auch Tage und Stellen, die lassen einfach nicht zu, dass man viel schreibt. Und an manchen Tagen schafft man dagegen ungeheuer viel.

scriba: Gehst Du beim Schreiben chronologisch vor und beginnst mit der ersten Szene oder folgst Du einer Idee und setzt die Szenen später zusammen?

Horus: In der Regel gehe ich immer chronologisch von. Nur so ungefähr ab Band 2 und 3 von Ninragon habe ich eine Ausnahme gemacht. Ich habe die Szenen der Rahmenhandlung um Darachel und die Ninraé an einem Stück geschrieben, habe in einem zweiten Run die Szenen aus Aurics Erzählung geschrieben, bis zu dem Punkt, wo sich beide Erzählebenen treffen. Danach erst habe ich das Ende der Geschichte geschrieben. Es war mir an dieser Stelle wichtig, bei der Gedankenwelt und beim Ton dieser Plotlininen zu bleiben, um größeren Fluss und Einheitlichkeit zu schaffen.

scriba: Wie muss man sich als Laie den Schreibprozess vorstellen? Schreibst Du mehrere Szenen mehrmals und entscheidest Dich am Schluss für eine Fassung?

Horus: Ich lege los, schreibe anfangs sehr präzise. Irgendwann bricht diese Energie, dann wird man schneller und skizzenhafter, greift weiter vor. Am nächsten Tag kontrolliere ich das Geschriebene und mache erste Überarbeitungen, komme dann irgendwann zu dem Part wo es Fragmentarischer wird und arbeite ab da wieder alles präzise aus, bis die Arbeitsenergie wieder umschwingt. So mache ich die erste Fassung.
Dann, nach einer Pause, schaue ich mir die noch einmal an und überarbeite sie im Hinblick auf Lektor und Leser. Dabei schaue ich mir an, was funktioniert und was nicht. Gleiche den Ton an. In der Phase suche ich dann auch Szenen, die nicht funktionieren. Die überarbeite ich dann. Oder streiche sie – manchmal, aber eher selten. Es kommt auch selten vor, dass ich eine Szene komplett neu schreiben. Dann geht das Buch zum Lektor. Und danach kann ich unter Umständen das Buch umbauen oder noch einmal Szenen neu schreiben. „Hyperdrive“ habe ich intensiv umbauen müssen. Aber das lag auch daran, dass es mein erstes Buch war, nicht so recht wusste, wohin die Reise geht und noch viel ausprobiert habe. Der Lektor ist meine eigenes schlechtes Gewissen. Mein jetziges Lektor – nennen wir ihn Django – findet gnadenlos die Stellen, bei den ich auch noch irgendwie ein mieses Gefühl habe, das aber noch nicht wirklich wahrhaben wollte.

scriba: Hörst Du Musik beim Schreiben? Wenn ja, welche?

Horus: In der Regel höre ich, wie oben schon erwähnt, beim Schreiben selber keine Musik. Manchmal höre ich vorher und in Pausen Musik, um mich einzustimmen. Aber es gibt diese seltenen Gelegenheiten, wo man Musik während des Schreibens braucht, um eine Mauer zu durchbrechen. Was höre ich dann? Ich letzter Zeit war das der Soundtrack zu „Sons of Anarchy“, den ich selber ergänzt und erweitert habe, die letzte Springsteen „Wrecking Ball“, Chris Whitley „Living with the Law“. Was gerade passt und anliegt. Manchmal Härteres, wenn die Mauer, die man durchbrechen muss, ziemlich dick ist.

scriba: Hast Du einen geregelten Schreibplan? Das heißt, schreibst Du zum Beispiel täglich zu einer bestimmten Zeit?

Horus: Ich versuche immer, so bald wie möglich ans Schreiben zu kommen. Als wir noch keine Kinder hatten, war das natürlich früher am Tag. Heute müssen unsere Mädels zuerst fertig gemacht und in den Kindergarten gebracht werden. Oder es sind andere Sachen dringend zu erledigen. Aber in der Regel gilt: So früh wie möglich. Im Gegensatz zu vielen kreativen Menschen bin ich überhaupt kein Nachtarbeiter. Ich bin ein Lichtmensch und habe am liebsten ganz viel Licht, das ich in mich aufsaugen kann. Ich spüre es, wenn draußen Licht ist, auch wenn alle Luken geschlossen sind. Ich habe das Gefühl, Licht strömt wie eine kreative Kraft durch mich hindurch.

scriba: Zu den Charakteren: Die Protagonisten glaubhaft zu erschaffen, ist sicherlich eine besondere Herausforderung, gerade in einem Fantasy-Roman. Legst Du Charaktereigenschaften, das Aussehen oder den jeweiligen Hintergrund deiner Figuren von Beginn an fest, oder verselbstständigen sich deine Charaktere beim Schreiben?

Horus: Ja, ich habe das mal versucht mit dem Figuren entwerfen. Charaktereigenschaften anlegen, aufzeichnen. Charakterbögen. Das funktioniert aber nicht für mich. Ich muss eine Figur fühlen. Ich muss wissen, wie sie geht, wie ihr Körpergefühl ist. Wenn ich die Figur habe, dann habe ich sie. Kleine Details halte ich natürlich fest, wie, auf welcher Seite er eine Narbe hat, solche banalen Dinge, die man leicht vergisst und ansonsten immer mühsam nachschlagen muss.

scriba: Was ist Deiner Meinung nach die größte Herausforderung beim Schreiben eines Romans?

Horus: Über die ganze Strecke durchzuhalten. Vertrauen in den Roman zu haben. Es auch über die ganze Strecke zu behalten. Nicht in Technik zu verfallen. Sich immer frisch und neu, an jedem Schreibtag, rückhaltlos in den Roman hineinzuwerfen.
Irgendjemand hat einmal geschrieben, für einen Roman bräuchte man die Kraft eines Langstreckenläufers. Zähigkeit. Noch einmal: das Vertrauen in den Roman bewahren.

scriba: Wie hast Du Dich gefühlt, als du das letzte Wort des Ninragon-Epos geschrieben hast?

„Wie, war’s das schon?“ Einerseits habe ich gewusst, dass ich nur für eine bestimmte Zeit von dem Thema Abschied nehme, da die Geschichte dieser Welt weitergehen soll. Wer den Epilog von „Ninragon“ gelesen hat weiß, dass zwar dieser Roman aber die große Geschichte noch nicht zu Ende ist. Zum anderen hatte ich zum Schluss hin Zweifel, ob ich mich in der nächsten Zeit noch einmal so tief auf einen Geschichte einlassen könnte. „Ninragon“ hat mir viel abgefordert. Das war in Teilen sehr intensiv und sehr nah. Ich wusste nicht, ob ich das so bald wieder wollte. „Ninragon“ hat in bestimmten Phasen des Schreibens mein Leben ausgefüllt und mir einige der schlimmsten Alpträume bereitet. Aber aus einigen Alpträumen sind auch die stärksten Szenen geworden. Ich war also irgendwie gleichzeitig erleichtert, das geschafft zu haben, und überrascht.

scriba: Was findest Du als Autor am schwierigsten am gesamten Schreibprozess: Einen richtigen Einstieg zu finden, der die Leser mitreißt, den roten Faden und die Spannung zu halten, die Charaktere glaubhaft darzustellen oder ein befriedigendes Ende zu schaffen?

Horus: Das schwierigste ist, in einem Roman das Vertrauen zu halten, dass alles zusammenfindet. Und es findet alles zusammen. Damit wäre keiner dieser Punkte wirklich schwierig. Es ist aber besonders schwierig, in einem langen, komplexen Projekt die Logik der Zusammenhänge im Auge zu behalten, die Plausibilität über all die verschiedenen Ebenen und ineinander verschränkten Handlungen hinweg. Wer was weiß und aufgrund dessen wie handelt. Wie die Informations- und Motivationslage ist. Wie das alles richtig ineinandergreift. Dagegen ist alles andere ein Klacks. Deswegen neige ich in letzter Zeit eher dem Architekten zu. Wenn das geklärt ist, bleibt viel Platz für kreative Entscheidungen. Es ist nicht schwer, einen guten Romananfang zu finden. Es ist allerdings eine Herausforderung einen zu finden, der publikumswirksam und zugleich gut ist. Das gilt auch für das Ende. Lesegewohnheiten verändern sich. Qualitätsmaßstäbe nicht. Als schwierig würde ich es nicht bezeichnen, aber es ist eine Herausforderung. Das gehört zum Handwerk des Erzählers. Shakespeare war ein Meister darin.

Die Blogtour geht morgen weiter bei Blücher. Wir drücken Horus W. Odenthal fest die Daumen bis zur Bekanntgabe der Gewinner des Deutschen Phantastik Preises!

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