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scriba-Autorin des Monats Februar

Sie heißt Nikola Hotel, liebt Prag und Musik von Rachmaninov, holt sich durch den Wald laufend Inspiration und nennt sich auf ihrem Autoren-Blog selbst „Blauträumerin“. Wenn sie nicht gerade liest, dann schreibt sie, und das einfach fabelhaft. Im scriba-Interview stellt die Autorin nun ihren Debütroman „Rabenblut drängt“ vor. 

Nikola Hotel
Nikola Hotel

scriba: Eher zufällig sind wir auf das E-Book „Rabenblut drängt“ gestoßen, haben aber bereits nach ziemlich kurzer Zeit bemerkt, was für einen außergewöhnlichen Lese-Schatz wir in Händen halten. Wie kann es sein, dass die deutsche Verlagswelt das noch nicht gemerkt hat?

Nikola Hotel: Vielen Dank erst einmal für diese nette Einschätzung! Die deutsche Verlagswelt wartet leider nicht auf junge, unbekannte Autoren. Ich habe meinen Roman natürlich auch den großen Verlagen angeboten, aber meist nicht einmal eine Absage erhalten. Zwar gab es nach der Veröffentlichung Interesse von kleinen Verlagen, aber die waren wiederum für mich nicht interessant. Der Weg, direkt über die Verlage zu gehen, hat sich also als falsch herausgestellt. Ich würde deshalb immer empfehlen, sich an eine Agentur zu wenden. Für mich persönlich hoffe ich aber, dass nach oben hin noch alles offen ist.

scriba: Neben der Liebe zur Natur und der Musik bestimmt vor allem auch eine große Portion Humor dein Romandebüt. Würdest du sagen, dass diese Motive auch deinen eigenen Charakter auszeichnen?

Nikola Hotel: Das ist eine schöne Frage, weil mein Liebster immer behauptet, ich hätte gar keinen Humor. Auf weitere Nachfragen musste er aber zugeben, dass ich sehr wohl Humor besitze, nur eben keinen »kölschen«. Das ist fürs Rheinland ungewöhnlich, muss aber an meiner österreichischen Mutter liegen. Ich neige eher zur Melancholie. Seltsamerweise bringen mich aber gerade Bücher zum Lachen. Das geht so weit, dass ich meine Familie nachts mit Gelächter aufwecke, weil ich noch lese. Humor finde ich in meinen Kindern wieder, den Tieren (man beobachte nur mal die Vögel am Futterhäuschen) und in der Musik. Ja, auch Musik kann mich zum Lachen bringen. Zum Beispiel, wenn David Fray ganz verspielt Bach interpretiert.

scriba: Wie sieht es mit dem biographischen Anteil in der Rabenblut-Saga aus? Haben deine Figuren reale Vorbilder?

Nikola Hotel: Es gibt einige Künstler, die mich inspiriert haben, so z. B. Maksim Mrvica, der für Alexej Pate stehen könnte, oder David Garrett für den Charakter des Nikolaus. Dann zog ich viele Ideen aus Biographien über den böhmischen Adel. Allen voran Karl Fürst zu Schwarzenberg, amtierender Außenminister Tschechiens und in diesem Jahr leider unterlegener Präsidentschaftskandidat. Seine Lebensgeschichte bietet genug Stoff für mehrere Romane.

scriba: Wie ist das Feedback der Leser zu deinem Debüt-Roman? Gibt es mittlerweile so was wie eine „Rabenblut-Fangemeinschaft“?

Nikola Hotel: Es erreichen mich sehr viele E-Mails von Lesern, die auf eine Fortsetzung warten und mir erzählen, dass ich sie zum Träumen brachte. Das ist ein großes Kompliment, und ich bemühe mich, alle Nachrichten persönlich und zeitnah zu beantworten. Auch die Rezensionen von Buchbloggern sind ausschließlich positiv. Von einer richtigen Fangemeinde traue ich mich aber noch nicht zu sprechen. So etwas entwickelt sich vielleicht, wenn es weitere Bände geben wird.

scriba: Was für ein Schreibtyp bist du? Eher der Typ Autor mit festem Konzept, der die Geschichte von Anfang bis Ende durchplant oder der intuitive Schreiber, der anfangs nur einen vagen Handlungsverlauf im Kopf hat?

Nikola Hotel: Ich schreibe (leider) einfach drauflos und habe kein ausgefeiltes Gerüst, an dem ich mich entlanghangeln könnte. Das ist meist ein Fehler, weil man hängen bleibt. Aber es gibt mir auch die nötige Freiheit, meinen Charakteren ihren Willen zu lassen. Sie haben definitiv das Zepter in der Hand. Trotzdem habe ich einige Schlüsselszenen fertig im Kopf. Das Ende ist für mich also schon zu Beginn völlig klar, und das ist ein Ziel, dem ich entgegenfiebere. Ich möchte nicht alles durchplanen, sondern mich auch noch von der Geschichte, den Personen überraschen lassen.

scriba: Wie lange hast du an Alexejs und Isabeaus Geschichte geschrieben? Musstest du viele Szenen nachträglich wieder umschreiben, überarbeiten oder streichen?

Nikola Hotel: Die ursprüngliche Fassung von über 700 Seiten hatte ich exzessiv in vier Monaten geschrieben. Aber danach folgten viele Monate der Überarbeitung. Das bedeutete kürzen, kürzen, kürzen. Szenen umschreiben musste ich nicht, sondern  hauptsächlich am Stil feilen. Es wurde also keine einzige Szene komplett gestrichen. Insgesamt dauerte es (vom ersten Entwurf bis zur Veröffentlichung) drei Jahre. Allerdings mit Unterbrechungen, bei denen ich an anderen Projekten arbeitete.

scriba: Du hast „Rabenblut drängt“ in der Ich-Perspektive verfassst, jedoch im Wechsel aus der Sicht der beiden Hauptfiguren – was eher ungewöhnlich ist. Warum hast du dich für diese besondere Technik entschieden?

Nikola Hotel: Mich reizte es, die Unterschiede in der Wahrnehmung darzustellen. Alexej ist ein sehr sinnlicher Charakter und Isabeau eher pragmatisch. Sie haben ganz verschiedene Erzählstimmen. Auch fand ich es spannend, wie sich das, was man sagt und das, was man denkt, doch unterscheidet. Dazu kommt noch, dass ich mich in meine Helden immer rettungslos verliebe und ihnen so eben besonders nahe komme.

scriba: In diesem Zusammenhang ist auch interessant: Wer ist deine persönliche Lieblingsfigur?

Nikola Hotel: Das wechselt im Laufe des Schreibprozesses. Zu Beginn war es natürlich der Held Alexej. Meine liebsten Szenen waren seine Dialoge und Streitgespräche mit Nikolaus oder seiner Großmutter, genannt „der General“. Mittlerweile ist es Sergius, der zwar auch zu den „Guten“ gehört, aber ein sehr zerrissener und manchmal auch grausamer Charakter ist. Er ist für mich die spannendste Persönlichkeit, weil er ungehobelt ist, ehrgeizig, lüstern, ungesund, gemein, manchmal aber auch müde, verloren und verletzt. Er bringt mein Schreiberherz zum Glühen.

scriba: Nehmen wir mal an, deine Buchreihe würde verfilmt: Wer sollten dann die Hauptdarsteller sein?

Nikola Hotel: Am schönsten wäre die Vorstellung, wenn jeder Charakter aus dem Buch mit einem Schauspieler besetzt würde, der aus dem jeweiligen Land kommt. Rabenblut drängt ist ein europäisches Buch. Die Protagonisten kommen aus Tschechien, Ungarn, Polen, Österreich, Russland und Deutschland. Sie auch genau so dargestellt zu wissen, wäre mein Traum, wenn auch kein populärer. Denn Osteuropa gehört leider nicht zu den Lieblingsschauplätzen der Deutschen.

scriba: Zu guter Letzt noch die Frage, die uns alle brennend interessiert: Wie geht es mit der Rabenblut-Saga weiter? Wann dürfen wir uns auf die Fortsetzung von Alexejs und Isabeaus Geschichte freuen?

Nikola Hotel: Meine ursprüngliche Aussage, dass es noch im Frühjahr erscheint, muss ich leider revidieren. Ich brauchte einfach eine kleine Pause und schreibe zur Entspannung an einer Komödie. Danach werde ich aber meine ganze Kraft wieder in die Rabenwelt stecken. Verraten kann ich aber so viel, dass Sergius eine viel größere Rolle einnehmen wird und es rabenblütigen Nachwuchs gibt. Bis dahin kann ich aber den Lesern anbieten, sich auf rabenblut.com umzusehen. Dort findet man alles über die Saga und erfährt die Neuigkeiten zuerst.

Die gesamte scriba-Redaktion dankt Nikola Hotel herzlich für das interessante Interview! Hier könnt ihr die Rezension zu „Rabenblut drängt“, dem Auftaktroman der Rabenblut-Saga, lesen.

 

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Rabenblut drängt

Nikola Hotel
E-Book:
Kindle Edition
Dateigröße:
599 KB
Sprache: Deutsch
ASIN:
B008CQYYQK
Leseprobe: Rabenblut drängt

Manchmal dauert es Wochen, Monate, gar Jahre, bis es wieder passiert: Bis man ein Buch in Händen hält, bei dem man Wort für Wort, Zeile für Zeile, spürt, dass man ein Kleinod aufgetan hat – einen Leseschatz, der vor dem inneren Auge eine Parallelwelt eröffnet, in der man atmet und leidenschaftlich lebt, bis man die letzten Buchstaben in sich aufgesogen hat. „Rabenblut drängt“ von Nikola Hotel gehört zu diesen einzigartigen Büchern.

Nur durch Zufall bin ich auf das E-Book aufmerksam geworden, das für gerade mal  3,99 Euro feilgeboten wird – ein Preis, der einem nahezu lächerlich gering vorkommt, hat man erst einmal bemerkt, welch außergewöhnliches Buch man in Händen hält.

Die Autorin erzählt die Geschichte eines Raben, halb Mensch, halb Tier, auf dem seit Generationen ein Blutfluch lastet. Tief in den urwüchsigen Wäldern des Böhmerwaldes zurückgezogen, versucht der Protagonist Alexej sich und seinen Schwarm zu schützen und dem Schicksal zu trotzen, das den Vätern bereits zum Verhängnis geworden ist – jedoch vergeblich. Als sich die Ereignisse überschlagen, und der Fluch nicht nur den Schwarm, sondern auch das Leben von Isabeau gefährdet, einer jungen Frau, die in Alexej längst begrabene Hoffnungen weckt, muss er sich seinen Widersachern stellen.

Liest man diesen Plot, könnte man denken: Nikola Hotel bedient sich im Auftaktroman ihrer Rabensaga einem altbekannten Erfolgsrezept. Mystische Elemente werden geschickt zu einem Cocktail mit köstlichen Zutaten wie Spannung, Herzschmerz und Liebe gemischt, den jede leidenschaftliche Romantasy-Leserin gierig und nur allzu gerne verschlingt. Nun, mit dieser Einschätzung hat man nicht unrecht: „Rabenblut drängt“ ist mystisch, romantisch, herzzerreißend und höllisch spannend – Die Geschichte um Alexej und Isabeau ist aber noch viel mehr.  Im Gegensatz zum Romantasy-Mainstram hat es Nikola Hotels Geschichte geschafft, mich tief zu berühren.

Ihre Erzählweise hat Töne in mir angeschlagen, die bis heute nachklingen. Schon nach wenigen Seiten hat die bildhafte und lautmalerische Sprache meine Sinne geschärft und so nachhaltig zum Schwingen gebracht, dass ich nicht mehr nur Hotels Worten über ihren atmosphärischen Schauplatz gelauscht habe, sondern selbst knirschend Schritt für Schritt durch den Böhmerwald gewandelt bin. Bei jedem Flügelschlag Alexejs hab ich die „wispernden Winde“ um meine Ohren gespürt und immer wieder Bilder vor mir gesehen – völlig unkonventionell, völlig neu – die mich dazu verleitet haben, innezuhalten und darüber nachzudenken und mich schließlich mit einem Lächeln auf den Lippen wieder eintauchen ließen in diese Welt, die mit Worten geschaffen wurde, aber einen so lebendig fühlen lässt, als wäre man selbst vor Ort.

Dieses völlige Eintauchen in die Geschichte wird jedoch nicht nur durch die bildhaften Naturbeschreibungen möglich, sondern auch durch die Musik. Der Leser lauscht nicht einfach den Klängen beim Spiel Alexejs auf dem Piano: bunt schwirrt vor dem inneren Auge jeder Ton durch die Luft, mal sanft, mal kreischend, bis man sich selbst mehrmals schelten muss, warum man eigentlich – ähnlich wie Isabeau – bis jetzt der klassischen Musik eine Absage erteilt hat.

Jenseits der sprachlichen Finesse sind es aber vor allem die eigensinnigen und authentischen Charaktere, die „Rabenblut drängt“ auszeichnen (und immer wieder zum Schmunzeln bringen): Wer wünscht sich nicht eine solch lebendige Freundin wie Lara? Wen berührt nicht das tollpatschige, aber so herzliche Auftreten von Jaro, dem Raben-Neuling? Wer lässt sich nicht allzugerne anstecken von der sprudelnden Energie von Nikolaus? Und wer ist nicht gebannt von der bedrohlichen Präsenz, die von Sergius ausgeht?

Über „Rabenblut drängt“ gibt es so viel zu sagen, dass es den Rahmen einer Rezension sprengt. Deshalb nur folgendes: Lest dieses bezaubernde Buch, in dem ihr längst vergessenen Worten der Bildungssprache begegnen werdet (zum Beispiel „genant“), in dem ihr Musik atmen werdet  (zum Beispiel von Dvořák , Liszt und Rachmaninov), in dem ihr das wilde, lebendige und leider vielen immer noch so fremde Osteuropa erleben werdet. Lest dieses Buch und spürt, was es bedeutet, wenn einem durch die Brille der Literatur eine sinnliche Welt erschlossen wird. Von Nikola Hotels Rabensaga wird man– so hoffe ich – noch sehr viel mehr hören.

Ich für meinen Teil wähle nun ausschließlich den längeren Weg durch den angrenzenden Park, bei dem mich schon von Weitem das laute „Kroak“ meiner neuen Rabenfreunde begrüßt…

Interview mit der Autorin Nikola Hotel lesen

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