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scriba-Autor des Monats Juli

Michael Zandt – im scriba-Interview stellt der Autor seinen brandneuen Roman „Das schwarze Kollektiv“ vor 

scriba: Mit „Das schwarze Kollektiv“ erscheint noch diesen Monat die Fortsetzung zu deinem Debütroman „Hapu – Teufel im Leib“. Was uns bei der Vorankündigung sehr überrascht hat: Mit Ariko ist nicht Hapu selbst, sondern ein männlicher Protagonist im Zentrum der Handlung. Warum das?

Michael Zandt: „Das Schwarze Kollektiv“ wird aus einer Perspektive heraus erzählt, die Hapu nicht einnehmen kann.  Während Hapus Handeln oft (nicht immer) ein egoistisches Motiv zugrunde liegt, dient Ariko Idealen. Er glaubt an das Schicksal, die Liebe und die Existenz eines göttlichen Plans.

scriba: Was unterscheidet den Roman noch von seinem Vorgänger? Gibt es wieder viel Action oder ist dieses Mal mehr Platz für leisere Töne, wie z.B. eine Liebesgeschichte?

Michael Zandt: Die Beziehung Arikos zu der Kriegerin Lamis’jala steht im Mittelpunkt des Buches. Eine Liebe zwischen Traum und Albtraum.

scriba: War die Fortsetzung von Anfang an geplant oder hat dich erst die positive Resonanz auf „Hapu“ dazu bewogen, weiterzuschreiben? In diesem Zusammenhang ist es auch interessant zu wissen, wie das Feedback der Leser ist? Gibt es mittlerweile so was wie eine „Hapu-Fangemeinschaft“?

Michael Zandt: Die Geschichte war tatsächlich so geplant, wie sie jetzt veröffentlicht wird. Der Ehrlichkeit halber will ich aber zugeben, dass ich zwischenzeitlich versucht war, diesen Plan zu ändern und direkt mit Hapu weiter zu machen. Heute bin ich froh, dass ich das nicht getan habe. Ich bekomme immer wieder nette Briefe was Hapu angeht. Einige sehr nette sogar, wobei ich nicht verschweigen möchte, dass es auch Leute gibt die glauben, dass Hapu ein so abscheuliches Wesen ist, dass sie eigentlich nie ihren Weg zwischen zwei Buchdeckel hätte finden dürfen. Aber das ist ok. Eine Meinung ist eine Meinung und jeder soll seine eigene haben.

scriba: „Das schwarze Kollektiv“ erscheint gerade mal acht Monate nach deinem Debütroman – eine ziemlich kurze Zeit, wie wir finden. Bist du mittlerweile Vollzeitschriftsteller?

Michael Zandt: „Vollzeitschriftsteller?“ Möchtest Du, dass ich mich von Quellwasser und Wurzeln ernähre? *lach* Nein, ich gehe „nebenbei“ noch einem Beruf nach. Die Erklärung für den relativ rasch erscheinenden Nachfolger ist die, dass ich mit der Arbeit an „Das Schwarze Kollektiv“ bereits begonnen hatte, noch bevor für „Hapu“ ein Verlag gefunden war.

scriba: Was für ein Schreibtyp bist du? Eher der Typ Autor mit festem Konzept, der die Geschichte von Anfang bis Ende durchplant oder der intuitive Schreiber, der anfangs nur einen vagen Handlungsverlauf im Kopf hat?

Michael Zandt: Unterschiedlich. Während Hapu von Anfang an starken Einfluss auf „ihre“ Geschichte genommen hat, ist es mir beim „Kollektiv“ leichter gefallen, dem vorgesehenen Handlungsstrang zu folgen. Grundsätzlich denke ich, dass man den Mut haben sollte den eingeschlagenen Kurs zu ändern, wenn sich zeigt, dass er in eine erzählerische Sackgasse führt.

scriba: Wie bist du bei deinem Verlag gelandet? Hattest du Hilfe durch eine Agentur oder musstest du dein Manuskript an viele Häuser schicken?

Michael Zandt: Eine Textprobe von „Hapu“ habe ich an eine auf unterhaltende Belletristik spezialisierte deutsche Literaturagentur gesandt. Die Absage der beiden Damen bekam ich noch am selben Tag. Danach habe ich mein Glück bei einem Publikumsverlag versucht. Der zuständige Lektor dort war so freundlich mir auf knapp zwei Seiten auseinanderzusetzen, warum ein zweifelhafter Charakter wie Hapu auf dem Buchmarkt keine Chance hat.
Kleinere Verlage waren aber glücklicherweise für „Hapu – Teufel im Leib“ zu interessieren. Nach einigen Irrungen und Wirrungen (ein Verlag hat über Nacht alle neuen Projekte eingestellt, ein anderer ging Pleite) kam meine schwierige Schwäbin schließlich bei Candela unter.
Anders als „Hapu“, wird das „Kollektiv“ übrigens nicht mehr bei Candela, sondern beim Art Skript Phantastik Verlag erscheinen. Ich bin dem Candela-Verlag für die gewährte Unterstützung dankbar, habe mich aber von dem Konzept einer Verlegerin überzeugen lassen, die sich ganz auf die deutschsprachige Phantastik konzentrieren möchte.

scriba: Warum hast du dich sowohl bei „Hapu“ als auch bei „Das schwarze Kollektiv“ für die Ich-Perspektive entschieden, die man heute nicht mehr so oft findet?

Michael Zandt: Eine Geschichte aus der Sicht des allwissenden Erzählers heraus zu entwickeln, hat ein paar unbestreitbare Vorzüge. Eine davon ist, dass der Leser sich auf die Objektivität dessen was er liest, verlassen kann. Diese Verlässlichkeit aber wollte ich nicht bieten. Gerade Ariko gibt dem Leser ab und zu Gelegenheit sich zu fragen, ob der Junge Dinge so sieht wie sie wirklich sind, oder vielleicht doch eher so, wie er sie gerne haben möchte.

scriba: Nehmen wir mal an, deine Buchreihe würde verfilmt: Wer sollten dann die Hauptdarsteller sein?

Hapu-CoverMichael Zandt: Wenn ich eine ernste Antwort auf Deine Frage geben möchte (und ich bin gerade genau in der richtigen Stimmung das zu tun), dann muss ich gestehen, dass es mir nicht leicht fallen würde Filmrechte zu vergeben. Hollywood scheidet aus. Der Gedanke, Hapu in ein amerikanisches Kaff verpflanzt zu sehen, bereitet mir Übelkeit.
Und was das deutsche Kino angeht, da verhält es sich ähnlich wie mit der hiesigen Literaturszene. Man flaniert zwar gerne auf dem roten Teppich und verleiht sich ständig irgendwelche Preise, was über die internationale Bedeutungslosigkeit aber nicht hinwegtäuschen kann. In London, Rom oder Paris käme kein Mensch auf die Idee in einen deutschen Film zu gehen. Völlig zu Recht. Diesen Betroffenheits- und/oder Komödienscheiß braucht kein Mensch. Und außerdem: Ich habe Moritz Bleibtreu bereits in „Soul Kitchen“, in „Der Baader Meinhof Komplex“ und in „Goethe“ ertragen. Ich finde das reicht.

scriba: „Hapu“ war nicht deine erste Veröffentlichung, sondern du wurdest 2011 bereits in der Kategorie „Beste deutschsprachige Kurzgeschichte“ für den Deutschen Phantastik Preis nominiert. Seit wann schreibst du? Und haben deine Geschichten schon immer ein Fantasy-Setting?

Michael Zandt: Ich habe erst relativ spät damit begonnen, meine Freizeit dem Schreiben zu widmen. Ich denke, das war so um die Jahreswende 2006/07. Nein, zwingend ein phantastisches Setting brauchen meine Geschichten nicht. Allerdings … warum sollte ich auf die Macht des Unglaublichen verzichten? Das haben weder Goethe noch Kafka noch  Jünger getan. Was ich damit sagen will: Es gibt eine phantastische Tradition in der deutschen Literatur.

scriba: Wie schaut es mit dem biographischen Anteil in deinen Büchern aus? Haben deine Figuren reale Vorbilder und wie kommst du auf deine doch sehr kreativen Namen?

Michael Zandt: Hier und da leiste ich mir tatsächlich einen kleinen Rückgriff in die eigene Biographie. Aber ich denke, das aufzuschlüsseln, wäre eher langweilig. Ach, ein kleines Beispiel erzähle ich euch doch: Hapu erinnert sich einmal daran, dass ihre Bewerbungsunterlagen mit dem Vermerk „Erfüllt die Einstellungsvoraussetzungen nicht“ aus dem Rathaus ihres Heimatortes zurück kamen. Im „wahren Leben“ ist das natürlich nicht ihr, sondern ihrem Schöpfer passiert.
Die „kreativen Namen“ in Hapu entstammen der (realen) Mythenwelt des alten Ägypten, oder der (fiktiven) der Asartu. Wie ich darauf komme? Nun, ich habe mir ein kleines „System“ zurechtgelegt und den Rest hat allein der „Klang“ entschieden.

scriba: In diesem Zusammenhang ist auch interessant: Wer ist deine persönliche Lieblingsfigur?

Michael Zandt: Das ist wie mit Kindern. Wenn es diese Lieblingsfigur gäbe, dann würde ich nicht sagen, dass es sie gibt.

scriba: Wie lange schreibst du durchschnittlich an deinen Büchern? Musst du viele Szenen nachträglich wieder umschreiben, überarbeiten oder streichen?

Michael Zandt: Wenn ich die Erfahrung meiner bisherigen beiden Bücher zugrunde lege, würde ich sagen, dass ich von der Idee bis zum fertigen Buch etwa ein Jahr brauche. Kaum eine Zeile, die ich in dieser Zeit nicht einmal ergänzen, ändern oder eben streichen würde.

scriba: Wie kommst du überhaupt auf deine Geschichten? Woher holst du dir Inspiration? Ist es der schnelle Geistesblitz oder doch eher ein langer Denkprozess, bis die Idee für ein Buch steht?

Michael Zandt: Das ist bei mir vermutlich nicht anders, als bei den meisten anderen Autoren auch. Ich beziehe meine Inspiration aus Bildern, Büchern, Filmen … oder auch einfach aus dem, was ich den Tag über sehe. Ein hinkender Hund, ein im Müll nach Pfandflaschen suchender Rentner … Das Leben steckt voller Geschichten.

scriba: Zu guter Letzt noch die Frage, wie es mit der Zukunft aussieht. Geht die Geschichte um Hapu und Ariko weiter? Oder widmest du dich nun anderen Schreib-Projekten?

Michael Zandt: Ich würde die Geschichte um Hapu und Ariko gerne in einem dritten Band zum Abschluss bringen. Wohin die Reise danach gehen könnte, zeige ich in meiner Kurzgeschichte „Unter dem Nebelmond“, die in der Anthologie „Vampire Cocktail“ zu lesen sein wird. „Vampire Cocktail“ erscheint ebenfalls im Art Skript Phantastik Verlag und wird etwa zur gleichen Zeit wie „Das Schwarze Kollektiv“ auf den Markt kommen.

Die gesamte scriba-Redaktion dankt Michael Zandt herzlich für das interessante Interview! In Kürze könnt ihr hier die Rezension zu seiner Neuerscheinung „Das schwarze Kollektiv“ lesen. 

Wer mehr über den Autor erfahren möchte, folgt bitte diesem Link: http://artscriptphantastik.de/die-autoren/michaelzandt/

 

 

 

 

 

 

 

 

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Hapu – Teufel im Leib

Hapu-CoverMichael Zandt                                                                             
Taschenbuch:
273 Seiten                                                        
Verlag:
Candela Verlag                                                               
Sprache:
Deutsch                                                               

ISBN: 978-3-942635-19-6                                                                 
Erscheinungstermin:
1. Dezember 2011

Den meisten Urban-Fantasy-Lesern geht es wohl ähnlich: Hält man eine Neuerscheinung mit einer jungen, weiblichen Hauptfigur in Händen, tauchen vorm inneren Auge zwangsläufig Bilder von unwiderstehlichen Vampiren, Mahren, Werwölfen und mittlerweile auch Engeln auf. Nichts anders erwartete ich mir daher bei Michael Zandts neuem Erstlingswerk „Hapu – Teufel im Leib“. Aber weit gefehlt! Schon nach den ersten Seiten ist klar, das Buch geht in eine ganz andere Richtung – dies macht nicht nur neugierig, sondern erweist sich als große Stärke der Publikation. Analogien zu anderen Romanen des Genres gibt es nämlich schlichtweg nicht.

Mit seinen Asartu hat der Autor detailreich eine neue Spezies kreiert, die aber in unserer heutigen menschlichen Gesellschaft integriert, ja sogar vollkommen von ihr abhängig ist: Denn, ob ein Asartu will oder nicht, benötigt er in unterschiedlichen Abständen Menschenfleisch, und zwar lebendiges.

So auch Hapu, aus deren Sicht die Geschehnisse geschildert werden. Trotz der Ich-Perspektive bleibt der Leser über lange Strecken des Romans gegenüber der Motorrad fahrenden, attraktiven Hapu distanziert. Denn ihr Verhalten irritiert und verhindert eine Identifikation. Dies vermögen auch keine Einblicke in ihre Gefühlswelt noch das Wissen um ihre Motive ändern: Hapu gebärdet sich, mit Ausnahme ihrer menschlichen Freundin Hati gegenüber, gewalttätig, unberechenbar, egoistisch und skrupellos. Aber dem nicht genug, die Wirren der Geschehnisse machen Hapu zwangsläufig sogar zur Mörderin. Denn aus ihrem Kleinstadtleben gerissen, findet sie sich plötzlich in den Intrigen und Machtkämpfen der obersten Asartu als Assistentin und Beschützerin der neu ernannten Führerin der weißen Asartu wieder. Doch die Ereignisse überschlagen sich weiter und während Hapus Schützling stirbt, wird auch sie selbst Opfer der Ränkespiele. So endet der erste Teil des Buches für Hapu in einer Katastrophe: Der deutschen Staatsbürgerschaft entzogen, blickt sie einer unsicheren Zukunft im Asartu-Staat Kemet entgegen – nicht jedoch ohne dem ungeheueren Wissen, dass sie die Inkarnation einer der mächtigen Sepuku, einer Tochter des Leibhaftigen, ist.

Aber nicht nur für Hapu ändert sich fortan einiges, sondern auch für den Leser. Denn der zweite Teil ist der weitaus bessere: Die Geschichte gewinnt an Fahrt, was mit den zeitweise zu ausführlichen Textpassagen des Auftakts versöhnt. Hapus Kampf ums Überleben, ihre Ausbildung beim Militär und schließlich die gefährliche Suche nach dem Geheimnis ihrer Herkunft bilden den nun spannungsreichen Erzählbogen hinzu einem äußerst überraschenden Ende.

Dass der Leser dabei trotz mancher verstörender Szenen (z.B. wenn Hapu Liebhaberin eines krebskranken, heruntergekommenen Greises wird und dessen Verfall fasziniert beobachtet bzw. als die Betäubung eines Menschenopfers versagt, das Hapu bei lebendigem Leibe verspeist) der Geschichte nicht abtrünnig wird, liegt auch an Michaels Zandts gelenkem, frischen Schreibstil. Teilweise würzt der Autor seinen Roman auch mit einer gehörigen Prise Ironie, was zu obskuren Situationen führt, wenn Hapu beispielsweise in ihrer Rolle als Assistentin der Janade wichtige Minister trifft und Reden verfasst, aber gleichzeitig das Cover des Playboys gehüllt in einer Deutschlandfahne ziert.

Grundsätzlich wird jedoch nicht nur anhand solcher Episoden deutlich, dass das Buch aus der Feder eines Mannes stammt. Das dargestellte Frauenbild entspricht wenig der Realität:  Sexbomben wie Hapu, die jedem Stelldichein offen gegenüber sind und gleichzeitig im Kampf gefährliche Gegnerinnen sind, stehen schablonenhaft  körperlich völlig unattraktiven, plump-übergewichtigen Frauen wie Hati gegenüber.

Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass Zandts Debüt oberflächlich ist. Vielmehr will der Autor mit Hapus charakterlichen Abgründen Gesellschaftskritik üben. Im Gegensatz zur verlogenen Masse sei die Hauptfigur schlichtweg ehrlich und habe es nicht nötig sich unter einer „Maske aus lächelnder Güte und wohlstandmilder Konsensrhetorik“ zu verbergen.
Ob Hapus fehlende Empathie und ihre Gewaltausbrüche im Zweifelsfall dem vorzuziehen sind, soll dahin gestellt bleiben. Den Leser des Buches jedenfalls – das ist gewiss – erwartet ein Leseerlebnis fernab vom Mainstream, das er so schnell nicht vergessen wird.

Ein herzliches Dankeschön dem Autor Michael Zandt, der uns ein kostenloses Rezensionsexemplar zukommen ließ.

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