Liebe unter Fischen

René Freund
Hardcover: 208 Seiten
Erscheinungsdatum: 28.01.2013
Deuticke Verlag
ISBN: 978-3-552-06209-2

Fred Firneis ist ein Schöngeist wie er im Buche steht. Er beschäftigt sich nicht nur mit existentiellen Fragen, sondern steckt selbst fest in einer Existenz- und Schaffenskrise. Früher sprudelten die Worte des Erfolg-Lyrikers nur so, heute sprudelt vor allem der Alkohol. Firneis hat sich verloren, im Überfluss, in der Schnelligkeit, in der Tristesse des Alltags. Das ist ein Problem – nicht allein für Fred. Denn nicht nur der Markt lechzt nach Poesie-Nachschub des Dichters, auch seine Verlegerin, die kurz vor dem finanziellen Ruin steht. Doch wie nur kann die Schreibkrise des österreichischen Berliners überwunden werden? Wie nur kann schnellstmöglich ein neuer Gedichtband entstehen?

Die Antwort ist klar: Nur mit rabiaten Mitteln. Mehr oder weniger in die Wildnis der österreichischen Alpen ausgesetzt, soll Fred zu sich finden. Abgeschnitten von der Außenwelt findet er jedoch viel mehr. Die vermeintliche Einöde entpuppt sich als Naturparadies, verschlossene und einsilbige Einheimische als neue Freunde und eine hübsche Biologin als eine wahre Muse. Doch kann sich der Schöngeist vom bleiernen Ballast des Alltags wirklich befreien und wieder lernen richtig zu „Atmen“?

René Freunds Roman „Liebe unter Fischen“ ist ein Kleinod für diejenigen, die zusammen mit Fred Firneis die Uhren ausstellen wollen und sich treiben lassen von Gedanken und Gefühlen,  vom natürlichen Rhythmus des Tages und den Kräften der Natur – ein Buch also für Leser, die sich Zeit nehmen möchten, die Welt mit Kinderaugen neu zu entdecken, das Wunder des Gewöhnlichen zu bestaunen und in der Langsamkeit das Leben – das sonst rasend schnell vorbeizieht – wieder zu spüren.

Aus meiner Sicht ist es weniger der Plot, von dem „Liebe unter Fischen“ lebt, sondern der einzigartige Erzählrythmus und die wunderschönen Bilder, die Fred in seinen Briefen an seine Verlegerin festhält: Ist der Ton und der Rhythmus zu Beginn des Romans noch dem Großstadtleben des Schriftstellers angeglichen, klingt alles schrill, schnell, laut. Da sind die vielen SMS der Verlegerin, die unzähligen Anrufe auf dem AB, das ungeduldige Klopfen an der Tür, der maßlose Alkoholkonsum – alles wirkt übersättigt, der Kopf dröhnt. Spätestens in der Einfachheit und Kargheit der Berghütte wechselt der Ton. Der Erzählfluss erscheint plötzlich langsamer, gemächlicher und reiner. Je mehr sich das Gemüt des Lyrikers klärt, umso länger und tiefgründiger werden seine Briefe, in denen er offen seine Gedanken, Ängste und Wünsche kommuniziert. Der Leser kann sich zurücklehnen, mit Fred Firneis das Jodeln lernen, eintauchen in die Farbe des „Juchitzers“ und sich überwältigen lassen von den erst kitzelnden und später überschäumenden Gefühlen einer jungen Liebe. Und freilich gewinnt der Roman wieder an Fahrt, Schnelligkeit und Esprit, wenn die Schauplätze wiederum wechseln und Fred kopfüber eintaucht in sein „neues Leben“.

Den Vergleich mit „Gut gegen Nordwind“, der auf dem Buchcover gezogen wird, hält „Liebe unter Fischen“ aber nicht stand – oder besser ausgedrückt: Die beiden Romane sind schlichtweg nicht vergleichbar. „Gut Gegen Nordwind“ ist ein moderner Liebesroman. In „Liebe unter Fischen“ steht dagegen die Entwicklung des Autors Fred im Mittelpunkt: Die Suche nach sich selbst, die Suche nach einem Rettungsanker in einem übersättigten und von den Reizen des Technologiezeitalters überfluteten Leben, die Suche nach einem Sinn, die Suche nach dem Glück. Freilich ist auch Fred verliebt, quillt über vor Emotionen beim Gedanken an seine Mara. Dieses zarte Verliebtsein ist jedoch nie dominierend, sondern ein Baustein in des Dichters Neuanfang.

Aus meiner Sicht steht „Liebe unter Fischen“ für sich und wird alle diejenigen begeistern, die die Augen öffnen für wunderschöne Bilder und sich begeistern lassen vom Witz und den ausgefeilten, zuweilen komischen Charakteren.

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