Das Land der verlorenen Träume

Caragh O ‚ Brien
Gebundene Ausgabe:
464 Seiten
Verlag:
Heyne Verlag
Erscheinungsdatum: 20. Februar 2012
ISBN: 978-3453528000
Originaltitel:
Prized

Hier gibt es „alles was sich der … Leser wünscht“, so lautete die scriba-Zusammenfassung zum ersten Teil von Caragh O’Briens Jugendbuchtrilogie: atemberaubende Spannung, bunte, fulminante Bilder, unverdaute Ideen sowie eine tatkräftige Ausnahme-Protagonistin, die nicht wegsieht, sondern entschlossen gegen die unmenschliche Gesetze des unbarmherzigen Herrschaftssystems der Enklave aufbegehrt – mit allen Konsequenzen.

Wie diese letztlich aussehen, erfährt der Leser gleich zu Beginn des Nachfolgeromans „Das Land der verlorenen Träume“:  Gaia ist auf der Flucht. Sie hat alles verloren, was ihr wichtig war; ihre Eltern, ihr Zuhause und Leon. Im menschenfeindlichen Ödland sucht sie nun verzweifelt mit ihrer neugeborenen Schwester den Weg zum sagenumwobenen Toten Wald – eine zivilisierte Gesellschaft fernab der Enklave – und findet ihn in letzter Sekunde … Das sogenannte Sylum wird für die Schwestern, vor allem für den halbverhungerten Säugling Maya, zur letzten Rettung – doch wie groß kann der Preis für das Überleben sein?

Denn auch das vermeintliche Paradies Sylum entpuppt sich als Welt zweifelhafter Gerechtigkeit. Sylum ist ein von Frauen beherrschter Ort, an dem Männer keine Rechte besitzen. Aber auch die weiblichen Bürger sind nicht wirklich frei, sondern strengen Regeln unterworfen. Beugen sie sich den alles bestimmenden Gesetzen nicht, sind auch ihre Rechte verwirkt.

So sieht sich Gaia abermals Repressalien ausgesetzt, wenn auch auf vollkommen andere Weise. Dass in Sylum jedoch nicht nur das System krankt, sondern auch biologisch einiges im Argen liegt, macht es zum Pulverfass: In dem Matriarchat werden seit Jahren kaum mehr Mädchen geboren …

In ihrem zweiten Buch geht die Autorin einen gänzlich anderen Weg und lässt die bisher so starke Protagonistin Schwächen zeigen: Gaia ist im Gegensatz zum Vorgängerband Teil der Unrechts-Gesellschaft, und nicht Beobachterin von außen. Sie sieht zwar die verworrenen Zustände, doch ist sie befangen. Sich gegen die Anweisungen der Matrarch aufzulehnen, bedeutet vertrieben zu werden und somit Maya zu verlieren; sich dem Druck zu beugen hingegen, die eigenen Ideale – in diesem Fall ungewollt schwangeren Frauen zu helfen – aufzugeben. Widerstand zu leisten erscheint nun in einem anderen Licht.

Die Protagonistin versucht trotz ihrer verzweifelten Lage sich sprichwörtlich zwischen Pest oder Cholera zu entscheiden zu müssen, das Richtige zu tun, verrennt sich aber und übersieht in ihrem Kampf das Wesentliche. Sie opfert das Wohl und das Vertrauen des Menschen, der ihr Leben gerettet hat. Denn Leon ist ihr gefolgt und wartet vergeblich in Not auf ihren Beistand.  Dass sie das Machtspiel mit der Matrach längst verloren hat, merkt sie zu spät. Letztlich ist sie gebrochen, akzeptiert die Gesetze und handelt systemtreu.

Der Titel „Land der verlorenen Träume“ hat somit eine doppelte Intention. Gaias Traum von einem Leben ohne Oktroyierung und Ungerechtigkeit erweist sich als Illusion. Gleichzeitig scheint die Beziehung zu Leon verloren, bevor sie beginnen konnte.

Caragh O‘ Brien beweist hier Mut. Denn so mancher Leser fährt sicher aus der Haut und verzweifelt am Handeln bzw. Nicht-Handeln der Protagonistin. So sind es dieses Mal nicht Spannung und rasante Szenen, die das Buch charakterisieren. Vielmehr beherrschen hier leisere Töne, ruhige Bilder,  intensive Dialoge und innere Zustände das Bühnenbild.

So passt es sehr gut, dass auch der Liebe im 2. Band ein weitaus größerer Raum als im Auftaktroman gewährt wird – sicher anders jedoch als der Leser es erwarten wird

Die Liebe ist es auch, die Gaia schließlich die Augen öffnet und dazu führt, dass sich der Kreis zum 1. Teil schließt und uns nun doch ein spannendes Ende beschert, das sogleich wieder ungeheure Leselust auf die Fortsetzung schürt.

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Rezension „Die Stadt der verschwundenen Kinder“
Teil 1 von Caragh O‘ Briens Trilogie

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