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Die Sprache der Schatten

Susanna Goga
Taschenbuch:
448 Seiten
Verlag:
Diana Verlag
Erscheinungsdatum: 9. Mai 2011
ISBN: 978-3453354685

Stell Dir vor, Du wachst auf und plötzlich hat sich Dein Leben verändert. Nichts ist mehr wie es war, Du fühlst Dich vollkommen hilflos, die Menschen um Dich sind Dir fremd. Eines ist dagegen sicher, Du kannst nicht weiterleben wie bisher, Dein früheres Leben ist vorbei. Nur weißt Du das noch nicht.

So fulminant beginnt der Prolog des Buches „Die Sprache der Schatten“ von Susanne Goga. Der Leser ist sich bewusst, dass er Anteil nimmt an einer schicksalshaften Wendung im Leben eines Menschen, die Identität dessen bleibt aber verborgen. Trotzdem zieht er bereits erste Schlüsse und ahnt, dass das Hauptmotiv des Romans, die im Klappentext angekündigten Menschen ohne Gesichter, hier seinen Ursprung hat. Damit hat die Autorin eines geschafft, sie hat die Neugier des Lesers geweckt. Ungeduldig flogen auch bei mir die Augen weiter über die Zeilen, was hat es mit diesem Geheimnis nur auf sich?

Das Geheimnis um die gesichtslosen Menschen ist es auch, das die Hauptperson Rika Conrad nicht mehr loslässt. Mehr noch, ihr Drang den rätselhaften Bildern des Berliner Malers Anthonis nachzuspüren, nimmt so ungeahnte Ausmaße an, dass sie ihre Familie und ihr bisheriges Leben aufs Spiel setzt und diese zu zerbrechen droht.

Rika Conrad übernimmt nach dem Tod ihres Mannes zusammen mit ihrem gleichaltrigen Stiefsohn Alexander die Führung einer aufstrebenden Berliner Damenkonfektion. Ihr geschäftliches Engagement ist in dem Berlin der 1880er Jahre für eine Frau noch sehr ungewöhnlich. Dennoch lässt Alexander Rika gewähren, hat er doch ein Auge auf seine Stiefmutter geworfen. Doch nicht nur die Zuneigung Rikas will Alexander erzwingen, auch für seine Schwester Anna hat er bereits die passende Partie im Auge.  Aber Anna liebt einen jungen Juden und das Drama nimmst seinen Lauf…

Bietet das familiäre Plot schon reichlich Sprengstoff, bringt Rikas Interesse für den Maler Anthonis das Fass zum überlaufen. Zu Beginn ist sie fasziniert von seinen Bildern, auf denen kein einziges Gesicht zu erkennen ist. Schnell jedoch bemerkt der Leser die ersten Anzeichen jenseits des künstlerischen Interesses. Rika ist besessen davon zu erfahren, wer Anthonis wirklich ist und welches Leben er führt. Ob ihrer Verliebtheit vergisst sie jedoch Anna, ihren Schützling, der machtlos den strategischen und egoistischen Plänen Alexanders ausgeliefert ist und damit sprichwörtlich ins Verderben rennt.

Susanne Gogas Historienroman „Die Sprache der Schatten“ beginnt verheißungsvoll kann aus meiner Sicht jedoch die anfänglich geschaffenen hohen Erwartungen nicht einhalten. Zwar bleibt der Roman über weite Strecken hin spannend und Goga schafft es das geschäftige Treiben der aufstrebenden Hauptstadt Berlin bildhaft einzufangen. Dennoch habe ich am Ende das Buch mit Enttäuschung weggelegt. Grund dafür ist sicherlich, dass das egoistische Verhalten der Protagonistin Rika entnervend ist. Auch wenn die Welt vor ihren Augen untergeht, zu zählen scheinen nur ihr persönliches Glück und ihre Selbstverwirklichung. Auch Anthonis, eine Figur mit anfänglich großem Potential wirkt zunehmend blass. Dass mit dem Bösewicht Alexander letztlich abgerechnet wird, ist somit nicht voll befriedigend. Rika hat die Sympathie des Lesers gleichermaßen verspielt, da reicht auch kein zu spät gekommenes Schuldeingeständnis. Insgesamt zeigt sich hier also wieder, was man als Vielleser so oft erlebt: Ein sehr gutes Plot ist keine Garantie dafür, dass das Lesevergnügen bis zum Ende anhält.

Dennoch möchte ich betonen, dass mir Susanne Gogas bildreiche Sprache sehr gut gefallen hat. Herzlichen Dank an dieser Stelle außerdem an Lovelybooks und an den Diana-Verlag für das kostenlose Leseexemplar!


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