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Nachricht von Dir

Guillaume Musso
Taschenbuch:
464 Seiten
Verlag:
Pendo; Auflage: 3 (März 2012)
ISBN:
978-3866123137
Originaltitel:
 L`Appel de l`ange

Es passiert in den seltensten Fällen: Der Titel „Nachricht von Dir“ von Guillaume Mussos Roman hat mich lange zögern lassen, das Buch überhaupt zu beginnen. Er hat mich von Anfang an an einen vorhersehbaren Liebesroman erinnert – ein Genre, das durchaus seine Berechtigung hat, mich aber nicht anspricht. Letztlich hat die Neugier über die Bedenken gesiegt, was eindeutig dem Plot zuzuschreiben ist.

Die Geschichte um zwei vertauschte Handys und eine daraus resultierende Bekanntschaft hat mich als bekennenden Fan des Glattauer-Romans „Gut gegen Nordwind“ gelockt: Bei Musso sind es zwar keine E-Mails, sondern Kurznachrichten und Telefonate über die sich die Protagonisten kennenlernen; doch das Prinzip ist das Gleiche: Per Zufall vertauschen Madeleine und Jonathan am New Yorker Flughafen ihre Mobiltelefone. Sehr ärgerlich, denkt man daran, wie wichtig heutzutage das Handy geworden ist. In den meisten Fällen dient es nicht mehr nur der Erreichbarkeit, sondern ist zur persönlichen kleinen Schatztruhe geworden, einer Art Tagebuch. Verwaltet werden dort nicht nur Kontakte und SMS, auch Termine, Mails und vor allem persönliche Fotos und Videos. Kurzum, das Handy ist heute vergleichbar mit einem Wohnungsschlüssel: Es bietet Eintritt in die intimste Privatsphäre eines Menschen. Da ist es fast unmöglich der Einladung zu widerstehen, sich ein wenig genauer umzusehen …

„Katz und Maus“ heißt passenderweise der erste Abschnitt des dreiteiligen Romans von Guillaume Musso: Nachdem die Hauptpersonen den unfreiwilligen Handytausch bemerkt und sich darüber verständigt haben, die Telefone schnellstmöglich zurückzusenden, können sie nicht davon ablassen, einen genaueren Blick hineinzuwerfen. Ab diesem Zeitpunkt kommen alle Glattauer-Fans auf ihre Kosten. Denn der spitze SMS-Kontakt zwischen Madeleine und Jonathan ist genauso köstlich und amüsant wie zwischen Emmi und Leo! Und genauso wie bei „Gut gegen Nordwind“ bleibt es bei „Nachricht von Dir“ nicht bei einer flüchtigen Bekanntschaft. Vielmehr geraten die Hauptdarsteller in einen Strudel, müssen mehr über den anderen erfahren, können nicht aufhören weiter zu recherchieren, weiter in das Leben des nun nicht mehr ganz Unbekannten einzudringen, werden süchtig danach … Doch anders als bei Glattauers Roman ist dies nicht in erster Linie die Initialzündung einer Liebesgeschichte, sondern eines Thrillers. Denn Madeleine und Jonathan haben beide mehr zu verbergen, als es scheint.

Die große Leistung von Guillaume Mussos Roman liegt genau in diesem unverhofftem Genrewechsel. Nichts weist darauf hin, dass sich hinter der Romanze von Madeleine und Jonathan ein mitreißender Krimi versteckt, die Geschichte hinter der Geschichte. Um so überraschter ist der Leser und umso spannender steigt man ein in Abschnitt zwei des Buches. Meine Bedenken haben sich also nicht bewahrheitet. „Nachricht von Dir“ ist keineswegs nur eine kitschiger Lovestory, sondern ein überraschender und schneller Roman. Dennoch kann ich mich nicht dazu entschließen, das Buch in den gleichen Tönen zu loben, wie viele andere Rezensenten. Denn meiner Meinung nach fällt im letzten Drittel des Buches die Qualität merklich ab: Zu konstruiert wirkt die Geschichte dann, zu schablonenhaft werden die Helden gezeichnet, zu sehr verfällt der Erzählton nunmehr in den typischen Rhythmus eines amerikanischen Actionromans, zwar spannend, doch der Tiefgang ist verloren.

Kurzum, „Nachricht von Dir“ ist bestens für einen kurzweiligen Lesetag geeignet. Ein Buch, an das man sich lange erinnern wird, ist es jedoch nicht. Dennoch bleibt mir Guillaume Musso als Autor sehr sympathisch. Das liegt jedoch nicht an dieser Geschichte, sondern an den Zitaten, die er jedem Kapitel vorangestellt hat. Seit Jahren – so schreibt er im Nachwort – notiere er beim Lesen Sätze, die ihn zum Lachen und zum Träumen bringen, die ihn berühren oder gar beeindrucken. Und hier beeindruckt mich Guillaume Musso, denn ob Lord Byron, Carlos Ruiz Zafón, Milan Kundera oder Marguerite Yourcenar, mit seiner Lektüre spricht er mir aus der Seele …

Leseprobe: Musso, Guillaume – Nachricht von dir

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