scriba-Autor des Monats März

Otfried Preußler – Ein Nachruf

Kinder wollen keine Lehrstücke, sondern Geschichten, die der Phantasie Nahrung geben und ihnen auf dem Weg der Poesie helfen, mit mancherlei Ängsten besser fertig zu werden“, so wird Otfried Preußler nach seinem Tod zitiert. Dieser Satz beschreibt das Werk des Kinderbuchautors treffend, gilt es denn den natürlichen Optimismus der Kinder anzuregen, ihnen freies und sorgenloses Denken zu vermitteln, aber auch Werte zu geben und ihr Urteilsvermögen zu stärken.

Dabei wusste er wohl allzu gut wie es ist, mit Ängsten fertig werden zu müssen. Der 1923 in Reichenberg in Nordböhmen geborene Preußler wurde sofort nach Erreichen des Abiturs im Alter von 18 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen. Er überstand den Zweiten Weltkrieg an der Ostfront, um sich 21jährig in sowjetischer Kriegsgefangenschaft wiederzufinden. Fünf lange Jahre, von 1944 bis 1949, verbrachte Otfried Preußler in verschiedenen Gefangenenlagern in Tatarstan, eine Zeit, die von Angst, Hunger, Krankheit und Tod geprägt war. Der junge Preußler muss schreckliche Entbehrungen erlebt haben, er litt unter Typhus, Malaria und Fleckfieber und war irgendwann bis auf 40 Kilogramm abgemagert.

Dennoch sagt Preußler in einem Interview aus dem Jahr 2008, dass er seine Erlebnisse aus der Gefangenschaft nicht literarisch verarbeiten will. „Du schreibst für Kinder“ habe er sich selbst ermahnt. Allerdings habe Preußler in seinen letzten Jahren mehr seiner Erlebnisse und die prägenden Episoden aus seinem Leben aufgeschrieben. „Aber das bekommt vorläufig niemand zu sehen. Erst wenn ich tot bin.“ Und so sollte es nicht überraschen, bald eine Autobiografie des Autors in Händen zu halten, der Jahrzehnte lang die Phantasie von Kindern beflügelt hat.

Kinder muss man achten

Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft absolvierte er schnellstmöglich eine Lehrerausbildung. Zeitlebens nannte sich der Erzähler und Grundschulpädagoge selbst Schulmeister.  Sein Rektor riet ihm anfangs, wenn ihm seine 52 Grundschüler nicht folgten, solle er doch die Geige spielen. Otfried Preußler griff jedoch nicht zum Instrument, sondern erzählte Geschichten. So kam denn auch die Beurteilung zustande: Lehrer erzählt zu viel, Klasse zu laut. Bis 1970 war er gerne Schulmeister, wie er es selbst zu nennen pflegte und überzeugt, dass man Kinder achten müsse und ihren natürlichen Optimismus unterstützen müsse, nur dann sei man ein guter Erzieher oder Erzähler.

Der Magier

Otfried Preußler erzählt auch seinen Schülern viel von uns aus seiner Kinderheimat Böhmen, einem für ihn magischen Land und der Ursprung seiner späteren Geschichten. Unter seinen Vorfahren  fänden sich zwei Zauberer und seine Großmutter hatte, so sagt er, das, was man gemeinhin als das zweite Gesicht bezeichnet. Nebelfrauen, Hexen, Nachtgeister und Wassermänner bevölkern die Erzählungen seiner Heimat, denen er auf langen Wanderungen mit seinem Vater in den Stuben Böhmens begegnet. Ein bisschen Magier, so er Autor, sei er dadurch selber geworden. Einer, der seine Magie in Geschichten verwebt. Die richtige Formel, den magischen Ausspruch zu treffen war am Anfang nicht ganz leicht, aber er hat sie dann doch gefunden und auf meisterliche Art umgesetzt.

Der – Die – Das

Der Zauberspruch war äußerst simpel: DER kleine Wassermann, DIE kleine Hexe, DAS kleine Gespenst. Der – Die – Das war das Mantra, mit dem er seine erfolgreiche Karriere als Schriftsteller begann, die ohne diese Erfahrungen so vielleicht nicht stattgefunden hätte und deren Ergebnis für sich spricht. Insgesamt 32 Bücher schrieb der Schulmeister, der vielen seiner Leser nicht nur ihre Kindheit bereichert hat, sondern ihre Phantasie auch im Erwachsenenalter beflügelt. Er hat ihnen wunderbare Momente des Lesens und Träumens beschert, ihren Optimismus gestärkt und ihre Seelen fliegen lassen.

 

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12 Gedanken zu „scriba-Autor des Monats März

  1. Wahre Worte, kann ich nur zu seinem Zitat sagen. Die „Der, Die, Das“- Bücher von ihm kenne ich noch aus meiner Kindheit und hab vor allem „Das kleine Gespenst“ immer geliebt. Toll, dass du das mit den Autoren machst. Da erfährt man mal etwas mehr über den Verfasser der Texte, als auf den ersten Blick.

  2. @Ein ganzes halbes Jahr

    Das Buch hat so viele begeisterte Stimmen erhalten , dass ich es unbedingt lesen möchte…. und es zu gewinnen wäre noch schöner, also versuche ich hier mal mein Glück…

    Liebe Grüsse, Rena

  3. @Ein ganzes halbes Jahr

    Über dieses Buch habe ich schon so viel gehört und möchte es auch gerne lesen und daher gerne gewinnen.
    Viele Grüße und danke für diese tolle Aktion!!

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